Revision eingelegt (BFH VIII R 12/17)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorläufigkeitsvermerke und deren Aufhebung bzw. Änderung
Leitsatz (amtlich)
Wird ein manuell gesetzter Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO in einem nachfolgenden Änderungsbescheid neben einem maschinell gesetzten Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO lediglich mit einem Hinweis auf die Rechtsnorm (§ 165 Abs. 1 Satz 1 AO) "wiederholt", ohne (erneut) Grund und Umfang der Vorläufigkeit i.S. des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO im Erläuterungsteil anzugeben, verliert er seine Gültigkeit.
Normenkette
AO § 165 Abs. 1 Sätze 1-3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 7. April 2006 zu Lasten der Klägerin ändern durfte.
Mit der Einkommensteuererklärung für 2001 machte die Klägerin Verluste aus selbständiger Tätigkeit als Diplomdesignerin (Pflanzencollagen) geltend, die vom Beklagten im Erstveranlagungsbescheid zur Einkommensteuer 2001 vom 20. November 2002 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO nicht angesetzt wurden.
Mit Bescheid vom 6. Januar 2003 wurden entsprechende Verluste aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 12.219 DM in Ansatz gebracht und der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Der Bescheid erging "nach § 165 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO teilweise vorläufig". In den Erläuterungen wird dazu ausgeführt, der Bescheid sei vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit, weil zur Zeit die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden könne. Der Bescheid sei im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden bzw. andere gerichtliche Verfahren vorläufig hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG).
Für die Folgejahre (Veranlagungszeiträume 2002 bis einschließlich 2005) wurden die Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit ohne entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk (also endgültig) in Ansatz gebracht, unabhängig davon, ob sie positiv (2002, 2003, 2005) oder negativ (2004) waren (s. den Überwachungsbogen "Gewinnerzielungsabsicht-Liebhaberei").
Mit Bescheid vom 7. April 2006 wurde der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2001 unter Berufung auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert (Erstattung Kirchensteuer). Auch dieser Bescheid erging "nach § 165 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO teilweise vorläufig". In den Erläuterungen heißt es:
"Die Festsetzung der Einkommensteuer ist im Hinblick auf vor dem Bundesverfassungsgericht, dem Bundesfinanzhof bzw. dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängige Verfahren vorläufig hinsichtlich
Dagegen legten die Kläger seinerzeit Einspruch ein, den sie allerdings wieder zurücknahmen.
Für die Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 wurden die Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit einmal mit (2006) und einmal ohne (2007) entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk in Ansatz gebracht (s. den Überwachungsbogen "Gewinnerzielungsabsicht-Liebhaberei").
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2008 kam der Beklagte zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als selbstständige Designerin auch in den vorangegangen Jahren nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben habe. Aus diesem Grund erließ er am 11. Januar 2011 einen Änderungsbescheid (u.a.) für 2001 und erkannte die Verluste nicht mehr an. In dem Änderungsbescheid wird ausgeführt, er sei nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO mit Ausnahme der im Abschnitt "Erläuterungen" genannten Punkte endgültig. Er sei nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geändert und nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO teilweise vorläufig. In den Erläuterungen wurde u.a. ausgeführt, nach der Betrachtung der erklärten Einkünfte aus der selbständigen künstlerischen Tätigkeit der Klägerin ab dem Jahr 1998 liege eine einkommensteuerlich beachtliche Tätigkeit nicht vor. Ein Totalgewinn sei bei der bisherigen Gestaltung der Tätigkeit nicht zu erzielen.
Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und machten geltend, die Tätigkeit sei nicht als Liebhaberei einzustufen.
Mit Einspruchsentscheidung (auch für 2001) vom 22. Oktober 2015 wurden Grund und Umfang der Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 AO aktualisiert und im Übrigen der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Am 23. November 2015 haben die Kläger Klage erhoben.
Sie tragen vor, für den Änderungsbescheid vom 11. Januar 2011 fehle die erforderliche Rechtsgrundlage, da der Bescheid vom 7. April 2006 insoweit (Einkünfte aus selbständiger T...