Revision eingelegt (BFH VI R 20/18)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Ausbildungsfreibetrag für ein auswärtig untergebrachtes noch minderjähriges Kind
Leitsatz (amtlich)
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass einem Steuerpflichtigen für ein auswärtig untergebrachtes noch minderjähriges Kind kein Ausbildungsfreibetrag zusteht.
Normenkette
EStG § 33a Abs. 2 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob Kosten für die auswärtige Unterbringung der in Ausbildung befindlichen minderjährigen Tochter der Kläger steuerlich zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute und werden für das Streitjahr 2014 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten beide Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Bürokaufmann bzw. Erzieherin), aus Vermietung und Verpachtung, aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2014 machten sie (u.a.) Aufwendungen für die auswärtige Unterbringung ihrer minderjährigen Tochter (geb. am 27. April 1997), die sich in Ausbildung befand, als außergewöhnliche Belastungen geltend (2000 €).
Im Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 17. Juni 2015 erkannte der Beklagte nur diverse Krankheitskosten (Medikamente usw.) als außergewöhnliche Belastungen an (2.001 €), deren Höhe allerdings unterhalb der zumutbaren Belastung (Gesamtbetrag der Einkünfte 70.116 € x 4 % = 2804 €) blieb. Die Kosten für die auswärtige Unterbringung der Tochter wurden nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt mit der Begründung, dass sie mit dem Kinderfreibetrag abgegolten seien.
Am 16. Juli 2015 beantragte die Prozessbevollmächtigte der Kläger die (schlichte) Änderung dieses Steuerbescheides nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO und machte geltend, es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass zwar Kosten für die auswärtige Unterbringung von volljährigen Kindern, nicht aber von minderjährigen Kindern als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt würden.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 2015 lehnte der Beklagte den Änderungsantrag ab, weil die Kosten für die auswärtige Unterbringung der minderjährigen Tochter mit dem Kindergeld bereits abgegolten seien.
Dagegen legte die Prozessbevollmächtigte der Kläger am 26. November 2015 Einspruch ein, der allerdings - trotz mehrfacher Erinnerung von Seiten des Beklagten - nicht begründet wurde. Mit Einspruchsentscheidung vom 29. April 2016 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Am 1. Juni 2016 haben die Kläger Klage erhoben.
Das Gericht übersandte der Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 13. Dezember 2017 die (bei juris veröffentlichten) Urteile des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. September 2010 (2 K 1638/09), des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. März 2009 (2 K 1797/05) und des Finanzgerichts Köln vom 18. März 2009 (7 K 2854/08) und wies darauf hin, dass die Entscheidungen nach Auffassung des Senats zutreffend seien und die Klage daher zurückgenommen werden solle.
In der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2018 machten die Kläger bzw. ihre Prozessbevollmächtigte ergänzend geltend, es verstoße gegen das in Art. 18 AEUV verankerte Diskriminierungsverbot, dass die Aufwendungen nicht durch die im Rahmen des Einkommensteuergesetzes vorgesehenen Regelungen berücksichtigt würden und § 33 a Abs. 2 S. 1 EStG auswärtig untergebrachte minderjährige Kinder in Ausbildung nicht berücksichtige.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des insoweit entgegenstehenden Bescheides vom 22. Oktober 2015 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 29. April 2016 zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 17. Juni 2015 dahingehend zu ändern, dass außergewöhnliche Belastungen in Höhe von (2.001 € + 2.000 € = 4.001 € abzüglich zumutbare Belastung in Höhe von 2.804 € =) 1.197 € berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erwidert, die geltend gemachten Aufwendungen könnten weder nach § 33 Abs. 1 EStG noch nach § 33a Abs. 1 und Abs. 2 EStG berücksichtigt werden. Dass § 33a Abs. 2 EStG den Freibetrag von der Volljährigkeit des Kindes abhängig mache, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies habe (u.a.) auch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz bereits entschieden (Urteil vom 28. September 2010 - 2 K 1638/09, juris).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2015 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29. April 2016 sind rechtmäßig, weil es der Beklagte zu Recht abgelehnt hat, den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 17. Juni 2015 dahingehend zu ändern, dass die Kosten für die auswärtige Unterbringung der Tochter der Kläger als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
Für die Berücksichtigung der streitigen Kosten kommt nur eine einzige Vorschrift in Betracht, und zwar § 33 a Abs. 2 S. 1 EStG (Ausbildungsfreibetrages 924 €). Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung dieses Ausbildungsfreibetrages liegen hingegen nicht vor, weil die Tochter der Kläger im Streitjahr 2014 erst 17 Jahre alt geworden ist und damit ...