Leitsatz
1. Grundstücksveräußerungen sind erst dann Gegenstand eines selbstständigen gewerblichen Grundstückshandels und keine landwirtschaftlichen Hilfsgeschäfte (mehr), wenn der Landwirt über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivitäten entfaltet, die darauf gerichtet sind, den zu veräußernden Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen (Anschluss an das Senatsurteil vom 08.09.2005, IV R 38/03, BStBl II 2006, 166).
2. Der Hinzutausch von Grundstücksflächen zur Optimierung der Bebaubarkeit von bisher landwirtschaftlich genutzten Grundstücksflächen und die Beantragung eines konkreten Bauvorbescheids sind Aktivitäten, die darauf gerichtet sind, den zu veräußernden Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen.
Normenkette
§ 6b, § 6c, § 13, § 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Landwirtsehegatten hatten im Sommer 1993 drei Grundstücke mit einer Fläche von insgesamt 4 700 m2 verkauft. Darin enthalten war eine zuvor im Tauschweg von einem Nachbarn erworbene Teilfläche von gut 1 000 m2. Der Tausch hatte im Oktober 1992 kurz nach Erlass einer kommunalen Satzung über die Zulassung der Bebauung im Außenbereich stattgefunden. Unmittelbar nach dem Tausch hatte der Landwirt eine Bauvoranfrage für die später verkaufte Fläche gestellt, die positiv beschieden wurde.
FA und FG (EFG 2005, 1530) gingen von einem gewerblichen Grundstückshandel aus, in den die Grundstücke zum Teilwert aus dem landwirtschaftlichen Betrieb überführt worden seien. Daraus ergab sich ein dem Durchschnittssatz nach § 13a EStG hinzuzurechnender Entnahmegewinn von gut 1 Mio. DM. Die Ehegatten waren der Auffassung, sie hätten Anlagevermögen im landwirtschaftlichen Betrieb veräußert und könnten deshalb den Gewinn in eine Rücklage nach §§ 6b, 6c EStG einstellen.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Die Ehegatten hätten durch den Tausch und die Bauvoranfrage den Bereich des landwirtschaftlichen Hilfsgeschäfts verlassen.
Hinweis
1. Grundstücksgeschäfte von Landwirten werden ertragsteuerlich unter anderen Aspekten betrachtet als die gemeinhin mit dem Schlagwort „gewerblicher Grundstückshandel” bezeichneten Verkäufe von bisher nicht betrieblich genutzten Grundstücken. Denn die Veräußerung von Grundstücken des Betriebsvermögens führt immer zu steuerpflichtigen Gewinnen. Es geht deshalb nicht um die Frage des „ob” der Besteuerung, sondern des „wie”. Insbesondere zwei Fragen sind dabei von Bedeutung:
- Veräußert der Landwirt Anlagevermögen, sodass er den Gewinn ggf. nach § 6b EStG auf Ersatzwirtschaftsgüter übertragen kann?
- Unterliegt der Gewinn neben der ESt auch noch der GewSt?
2. Überschreitet der Landwirt die Grenze zur Gewerblichkeit, kann er § 6b EStG nicht in Anspruch nehmen, weil die Grundstücke dann Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandels sind. Die Voraussetzung des § 6b EStG, dass das veräußerte Wirtschaftsgut sechs Jahre zuvor zum Anlagevermögen des Betriebs gehört haben muss, kann nicht erfüllt sein.
3. Der Gewinn aus der gewerblichen Grundstücksveräußerung unterliegt natürlich auch der GewSt. Fraglich ist allerdings, wie hoch der im Gewerbebetrieb erzielte Gewinn ist. Die Antwort fällt heute leicht: Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG werden die fraglichen Grundstücke zum Buchwert vom landwirtschaftlichen Betrieb in den Gewerbebetrieb überführt; der Gewinn entsteht also in voller Höhe im Gewerbebetrieb und unterliegt der GewSt. Allerdings wird die GewSt-Anrechnung nach § 35 EStG gerade in derartigen Fällen häufig dazu führen, dass die GewSt am Ende keine wirtschaftliche Zusatzbelastung auslöst.
Beachten Sie, dass im Besprechungsfall § 6 Abs. 5 EStG noch nicht galt. Damals konnte wahlweise eine Überführung zum Teilwert vorgenommen werden. Dies hatte die Wirkung, dass der Gewinn komplett im landwirtschaftlichen Betrieb anfiel. Allerdings handelte es sich um einen Entnahmegewinn, der ebenfalls nicht nach § 6b EStG neutralisiert werden konnte.
4. Wann wird nun ein Landwirt zum gewerblichen Grundstückshändler? In dieser Frage ist die Rechtsprechung seit vielen Jahren unverändert: wenn sich der Landwirt über die mit einer parzellierten Veräußerung unvermeidlich verbundenen Aktivitäten hinaus betätigt, um den Grundstücken eine bessere Marktgängigkeit zu verschaffen. Im Besprechungsfall waren solche Aktivitäten in dem Grundstückstausch und in der sofortigen Bauvoranfrage für die arondierte Fläche zu sehen. Die Zahl der Parzellen ist in diesem Zusammenhang völlig ohne Bedeutung. Auch den Verkauf von über 50 Bauplätzen hat der BFH noch als nicht gewerblich beurteilt, wenn keine weiteren Aktivitäten entfaltet werden (BFH, Urteil vom 08.09.2005, IV R 38/03, BFH-PR 2006, 138).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 08.11.2007, IV R 34/05