Leitsatz
Der Gewinn aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen II gehört zum Gewerbeertrag der Personengesellschaft.
Normenkette
§ 4 Abs. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG, § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1 GewStG, § 57 Nr. 2, § 63 AO
Sachverhalt
Die Kommanditisten der klagenden GmbH & Co. KG, deren Zweck die Beteiligung an anderen Gesellschaften sowie das Management für andere Gesellschaften war, hatten von der Treuhandanstalt sämtliche Anteile an einer GmbH erworben. Die KG übernahm anschließend das Management der GmbH. Die GmbH erwarb später Anteile an einer weiteren GmbH und veräußerte einen Großteil davon an die Kommanditisten weiter. Nach Abschluss der Sanierung wurde der Management-Vertrag im Jahr 1994 beendet. Zugleich veräußerten die Kommanditisten auch ihre Anteile an der zweiten GmbH.
Das FA sah beide GmbH-Beteiligungen als Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten an und behandelte die Beendigung des Management-Vertrags als Entnahme der Anteile an der ersten GmbH. Ebenfalls berücksichtigte es den Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der zweiten GmbH im Sonderbetriebsbereich der KG.
Die KG sah beide Beteiligungen nicht als Sonderbetriebsvermögen an und erhob deshalb Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1994. Der Prozess wurde dadurch erledigt, dass sich das FA bereit erklärte, den Gewinn aus der Entnahme der ersten GmbH-Anteile nicht anzusetzen.
Während des Klageverfahrens erließ ein wegen Verlegung des Sitzes der KG neu zuständig gewordenes FA einen GewSt-Messbescheid, in dem der Gewinn aus der Veräußerung der zweiten GmbH-Anteile erfasst war. Hiergegen wehrte sich die KG wiederum mit der Begründung, es liege kein Sonderbetriebsvermögen vor, hilfsweise unterlägen derartige Gewinne nicht der GewSt. Die Finanzverwaltung, für die durch Umorganisationen mehrere FÄ tätig wurden, berief sich auf die tatsächliche Verständigung im Prozess gegen den Gewinnfeststellungsbescheid.
Das FG teilte die Auffassung, dass eine tatsächliche Verständigung über die Eigenschaft der Anteile als Sonderbetriebsvermögen zustande gekommen sei und auch im Verfahren über den GewSt-Messbetrag binde.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies das Verfahren zurück. Das beklagte FA sei zwar nicht passiv legitimiert gewesen; das zuständige FA habe aber die Prozessführung genehmigt. Gewinne aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen II gehörten zum Gewerbeertrag der Personengesellschaft. Es sei aber noch zu klären, ob die veräußerten Anteile die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen erfüllten. Das FG habe seine rechtliche Beurteilung zur tatsächlichen Verständigung nicht auf hinreichender Tatsachengrundlage entwickelt.
Hinweis
1. Mit dem Urteil klärt der BFH die bislang offengelassene Frage, ob der von Personengesellschaftern durch Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen II erzielte Gewinn bei der Personengesellschaft der GewSt unterliegt. Die Frage wird – wie bereits früher für Sonderbetriebsvermögen I geschehen – bejaht.
Trotz des Objektsteuercharakters der GewSt geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass nicht die Personengesellschaft, sondern deren Mitunternehmer Unternehmer im gewerbesteuerlichen Sinn sind. Daraus folgt z.B., dass bei Ausscheiden eines Mitunternehmers auch der auf ihn entfallende gewerbesteuerliche Verlustvortrag entfällt. Es ist nur konsequent, dann auch alle Gewinne im Sonderbetriebsbereich bei der Personengesellschaft der GewSt zu unterwerfen.
Bekanntlich unterscheidet der BFH sog. Sonderbetriebsvermögen I und II. Sonderbetriebsvermögen I sind dem Mitunternehmer zuzurechnende WG, die der Personengesellschaft dienen. Sonderbetriebsvermögen II sind demgegenüber WG, die der Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers dienen. Alle im Zusammenhang mit diesen WGs entstehenden Gewinne und Verluste gehen in die von der Mitunternehmerschaft erzielten Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ein. Sie gehören gleichzeitig zum Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft i.S.d. § 7 GewStG.
2. Die Entscheidung greift außerdem die Rechtsprechung zur sog. tatsächlichen Verständigung auf. Danach können sich die Beteiligten darüber verständigen, welcher Sachverhalt der Besteuerung zu unterwerfen ist, wenn dessen Feststellung Schwierigkeiten bereitet. Unzulässig ist aber eine Verständigung über die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts. Eine solche Verständigung wäre ein Vergleich, der im Besteuerungsverfahren nicht erlaubt ist.
Allerdings sind die Grenzen zwischen einer Verständigung über den Sachverhalt und seiner Beurteilung teilweise schwer auszumachen. In der Praxis kommt es deshalb häufig zu Verständigungen, die bei genauer Betrachtung die rechtliche Würdigung betreffen und deshalb keine Bindungswirkung entfalten. Halten sich Behörde und Steuerpflichtiger allerdings an eine solche Verständigung, wird dieser Rechtsmangel nicht aufgedeckt.
Im Besprechungsfall hatte man sich über die Höhe des Gewinns aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen verständigt, was nach den vorstehenden...