Dr. Bela Berens, Dr. Chantal Naumann
Rz. 202
Einführung
Beim inneren Betriebsvergleich erfolgt ein Vergleich steuerlich interessierender Daten wie Soll-Umsatz, Wareneinsatz, Rohgewinn, Rohgewinnaufschlagssatz und Reingewinn innerhalb des Betriebs des Steuerpflichtigen. Hierbei muss auf eine tatsächliche Vergleichbarkeit der entsprechenden Werte geachtet werden. Es besteht die Möglichkeit, diese Gegenüberstellung auch für Datenreihen eines Zeitraums von mehreren Wirtschaftsjahren durchzuführen; eine gleichartige Kontierung in den zu vergleichenden Jahren muss dabei sichergestellt sein.
Rz. 203
Es werden verschiedene Methoden des inneren Betriebsvergleichs unterschieden: Nachkalkulation, Zeitreihenvergleich, Chi-Quadrat-Test, Benford-Gesetz sowie die Einnahmen-Ausgaben-Deckungsrechnung. Diese müssen nicht zwingend einzeln durchgeführt werden, es können auch mehrere kombiniert werden.
Rz. 204
Nachkalkulation
Die Nachkalkulation ermittelt anhand der Kalkulationsunterlagen des Steuerpflichtigen die erzielten Umsätze und ermöglicht somit Rückschlüsse auf den erzielten Gewinn. Als Kalkulationsunterlagen kommen insbesondere der Waren- oder Materialeinsatz in Betracht. Die eingesetzten Waren sind entsprechend der Aufschlagssätze in verschiedene Warengruppen einzuteilen; gleichartige Waren mit ähnlichen Aufschlagssätzen können zusammengefasst werden. Weiterhin sind die zu verwendenden Aufschlagssätze sorgfältig zu ermitteln.
Rz. 205
Bei richtiger Anwendung kann die Nachkalkulation das Ergebnis einer formell ordnungsmäßigen Buchführung verwerfen. An die Nachkalkulation als Ermittlungsmethode für das Vorliegen sachlicher Unrichtigkeit einer formell ordnungsmäßigen Buchführung sind jedoch höhere Ansprüche zu stellen als im Falle einer formell unrichtigen Buchführung.
Rz. 206
Zeitreihenvergleich
Der Zeitreihenvergleich geht von der Abhängigkeit bestimmter Größen wie Wareneinsatz und Umsatz aus. Durch Betrachtung und Analyse der Entwicklung dieser Größen über die Teilperioden (Zeitreihen) eines bestimmten Zeitraums können für die jeweiligen Teilperioden separate Aufschlagssätze ermittelt werden, die letztlich zur Überprüfung der durchschnittlichen Aufschlagssätze eines Jahres herangezogen werden können. Weiterhin können die Aufschläge der einzelnen Zeitreihen untereinander verglichen werden, um so Auffälligkeiten (z. B. drastische Schwankungen der Aufschlagssätze) aufzudecken, welche auf Unregelmäßigkeiten in der Buchführung schließen lassen. Somit plausibilisiert der Zeitreihenvergleich die Basisdaten der Buchhaltung nach mathematisch-analytischen Gesichtspunkten. Die materielle Ordnungsmäßigkeit einer formell ordnungsmäßigen Buchführung kann jedoch nicht allein durch die Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs widerlegt werden.
Rz. 207
Mit seinem Urteil v. 25.3.2015 hat der BFH die Anforderungen an die Schätzung mittels Zeitreihenvergleich drastisch verschärft und den Anwendungsbereich stark eingeschränkt. Demnach ist der Zeitreihenvergleich nachrangig zu den anderen Schätzungsmethoden des inneren Betriebsvergleichs anzuwenden und kann – insbesondere wenn sowohl die formelle als auch materielle Unrichtigkeit der Buchführung feststeht – herangezogen werden, um die Höhe der Hinzuschätzung zu ermitteln. Voraussetzungen für die Durchführung eines Zeitreihenvergleichs sind ein weitgehend konstantes Verhältnis zwischen den betrachteten Größen, z. B. Wareneinsatz und Umsatzerlöse, sowie eine stetige Betriebsstruktur über den Betrachtungszeitraum.
Rz. 208
Ziffernanalyse (Benford-Gesetz, Chi-Quadrat-Test)
Die Ziffernanalyse als eine weitere Form des inneren Betriebsvergleichs dient ebenfalls der Überprüfung des Basisdatenmaterials. Mithilfe geeigneter Prüfungssoftware werden insbesondere Geldbeträge auf Manipulationen geprüft. Hintergrund ist, dass durch die Verwendung unterbewusst präferierter Ziffern Abweichungen zwischen der in der Buchführung empirisch ermittelten Verteilung und der erwarteten Verteilung der Ziffern entstehen. Dabei kommen insbesondere das Benford-Gesetz und der Chi-Quadrat-Test zum Einsatz.
Rz. 209
Dem Benford-Gesetz liegt die Prämisse zugrunde, dass die Auftrittshäufigkeit von Ziffern an einer bestimmten Position innerhalb einer Zahl einer gesetzmäßigen Verteilung folgt. Ein Abweichen von dieser Idealverteilung, also beispielsweise, dass manche Ziffern häufiger auftreten, deutet auf eine Manipulation der zugrunde liegenden Daten hin, sofern die Abweichung nicht anders begründet werden kann.
Rz. 210
Der Chi-Quadrat-Test ist eine mathematische Methode in Form eines Signifikanztests, mithilfe dessen überprüft werden kann, ob die Abweichungen einer empirisch vorgefundenen Verteilung von der erwarteten Verteilung realistisch sind. Die erwartete Verteilung kann empirisch oder theoretisch hergeleitet werden und wird als sog. Nullhypothese bezeichnet. So kann bei ausreichend großen Datenmengen beispielsweise von einer Gleichverteilung der Ziffern an den Stellen direkt vor dem Komma ausgegangen wer...