Dr. Bela Berens, Dr. Chantal Naumann
Rz. 219
Einführung
Der äußere Betriebsvergleich ermittelt die Besteuerungsgrundlagen durch Vergleich betriebsinterner Daten mit Daten anderer, gleichartiger Betriebe. Die Auswahl eines geeigneten Vergleichsbetriebs erfordert neben der Gleichartigkeit (im Hinblick auf die Branche) auch eine Gleichwertigkeit (im Hinblick auf Größe, Lage, Organisation etc.) der Betriebe. Je mehr sich die Betriebsstruktur etwaiger Vergleichsbetriebe unterscheidet, desto mehr muss von einer Gleichwertigkeit Abstand genommen werden. Aufgrund der Ungenauigkeit dieser Schätzungsmethode rechtfertigt eine durch äußeren Betriebsvergleich festgestellte Abweichung nur in Ausnahmefällen die Widerlegung einer formell ordnungsmäßigen Buchführung. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die finanziellen Mittel selbst zur bescheidensten Lebensführung nicht ausreichen.
Rz. 220
Richtsatzschätzung
Eine Variante des äußeren Betriebsvergleichs stellt die Schätzung nach Richtsätzen dar. Die Richtsätze werden jährlich durch die Finanzverwaltung als sog. Richtsatzsammlung veröffentlicht und umfassen Kennziffern wie Rohgewinnaufschläge auf den Wareneinsatz, Rohgewinn-, Halbreingewinn- und Reingewinnsätze für verschiedene Branchen. Die Richtsätze ergeben sich im Rahmen der Betriebsprüfung aus den Betriebsergebnissen von Unternehmen kleiner und mittlerer Größe, die aufgrund ihrer steuerlich zuverlässigen Aufzeichnungen besonders ausgewählt werden, um eine möglichst exakte Abbildung eines "Normalbetriebs" zu erhalten.
Rz. 221
Handelsbetrieb Wirtschaftlicher Umsatz ./. Wareneinsatz |
Handwerksbetrieb Wirtschaftlicher Umsatz ./. Waren- und Materialeinsatz ./. Fertigungslohn |
Rohgewinn I |
Rohgewinn II |
./. allgemeine sachliche Betriebsaufwendungen = Halbreingewinn ./. sonstige sachliche und personelle Betriebsaufwendungen = Reingewinn |
Richtsatzverprobungsmodell
Rz. 222
Eine Schätzung nach Richtsätzen kann ein formell ordnungsmäßiges Buchführungsergebnis nicht allein widerlegen; ein Unterschreiten der Richtsatzwerte begründet jedoch Zweifel am vorgelegten Buchführungsergebnis. Liegen zusätzlich konkrete Hinweise auf die sachliche Unrichtigkeit der Buchführung vor oder gesteht der Steuerpflichtige selbst Unredlichkeiten zu, kann dies eine Schätzung rechtfertigen. Eine ergänzende Schätzung unter Beachtung der Richtsätze kann bei einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung in Betracht kommen, wenn eine Nachkalkulation aufgrund fehlender Unterlagen nicht möglich ist.