Leitsatz
Wird ein Grundstück schenkungsweise übertragen und verpflichtet sich der Beschenkte dabei, an einen Dritten ein sog. Gleichstellungsgeld zu zahlen, liegt bezüglich des Grundstücks eine gemischte Schenkung zugunsten des Beschenkten und bezüglich des Gleichstellungsgeldes eine Forderungsschenkung zugunsten des Dritten vor.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG , § 330 Satz 2 BGB
Sachverhalt
Die Kläger, zwei Brüder, erhielten von der Schenkerin (S) je ein Grundstück gegen die Verpflichtung, dem jeweils anderen ein Gleichstellungsgeld zu zahlen. Die Grundstücke waren annähernd gleichwertig, die betragsmäßig identischen Gleichstellungsgelder beliefen sich auf die Hälfte dieses Werts.
Das FA besteuerte die Vorgänge jeweils als gemischte Grundstücksschenkung verbunden mit einer Geldschenkung zugunsten des jeweiligen Bruders. Die Kläger meinten dagegen, die Grundstücksübertragungen seien zusammen zu beurteilen. Es sei zu unterstellen, dass der jeweilige Grundstückserwerber das Grundstück nur zur Hälfte von S und den an sich dem Bruder zustehenden anderen hälftigen Miteigentumsanteil gegen Zahlung des Gleichstellungsgeldes von diesem erworben habe. Dem folgten das FG und der BFH nicht.
Entscheidung
S hat den Klägern die Grundstücke jeweils zu Alleineigentum übertragen. Die Verpflichtung zur Zahlung gleich hoher Gleichstellungsgelder ändert daran nichts.
Die Grundstücksübertragungen sind im Weg gemischter Schenkungen erfolgt. Soweit die Gleichstellungsgelder hinter dem Wert des jeweils übertragenen Grundstücks zurückbleiben, führen sie zu Schenkungen, deren schenkungsteuerrechtlich relevanter Wert nach dem Verhältnis des Verkehrswerts der Bereicherung des Beschenkten zum Verkehrswert der Leistung des Schenkers zu berechnen ist.
Wegen der Verpflichtung der Kläger, jeweils dem Bruder ein Gleichstellungsgeld zu zahlen, liegt zusätzlich jeweils die Schenkung eines Forderungsrechts zugunsten des Bruders vor. Insoweit stellen die Übertragungsverträge nämlich Verträge zugunsten Dritter dar, durch die der Bruder gem. der Auslegungsregel des § 330 Satz 2 BGB unmittelbar das Recht erwirbt, das Gleichstellungsgeld vom Versprechenden, dem jeweiligen Erwerber des Grundstücks, zu fordern. Gegenstand der Schenkung ist dieses Forderungsrecht und nicht erst das zu seiner Erfüllung gezahlte Geld.
Hinweis
Bei einem Schenkungsvertrag, bei dem sich der Beschenkte gegenüber dem Schenker verpflichtet, einem Dritten eine Leistung zu erbringen, kommt es zu einer zweiten Zuwendung des Schenkers, und zwar diesmal an den Dritten. Diese Zuwendung an den Dritten fällt dann nicht unter § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, sondern bereits unter Nr. 1 der Vorschrift, wenn der Dritte einen Anspruch auf die Leistung gegen den Versprechenden (Beschenkter aus der ersten Zuwendung) erhält.
Gegenstand dieser Zuwendung ist dann das Forderungsrecht gegen den Versprechenden und nicht etwa dasjenige, was der Versprechende in Erfüllung dieser Forderung an den Dritten zu leisten hat. Die Zuwendung an den Dritten ist bereits mit Begründung der Forderung ausgeführt.
Wird im Zug einer vorweggenommenen Erbfolge der Vermögensübernehmer verpflichtet, weichenden potenziellen Miterben ein Gleichstellungsgeld zu zahlen, greift im Zweifel die Auslegungsregel des § 330 Satz 2 BGB ein, wonach der Dritte ein eigenes Forderungsrecht erhält.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.10.2002, II R 71/00