Kommentar
Die Klägerin, eine KG, war Eigentümerin eines unbebauten Grundstücks, das in ihrer Bilanz zum 31. 12. 1986 mit 1.000 DM ausgewiesen war. Mitte 1988 wurde auf diesem Grundstück mit dem Bau eines Einfamilienhauses begonnen, das ein Kommanditist der Klägerin nach der Fertigstellung für eigene Wohnzwecke nutzte. Im November 1988 verkaufte ihm die Klägerin das Grundstück zum Verkehrswert von rd. 50.000 DM. Die Klägerin begehrte, den Ertrag aus dem Grundstücksverkauf (Veräußerungspreis ./. Buchwert) nach § 52 Abs. 15 Sätze 10 und 11 als steuerfreien Entnahmegewinn zu behandeln. Das Finanzamt lehnte dies ab. Zu Recht, wie der BFH mit den folgenden Erwägungen im Gegensatz zur Vorinstanz befand:
1. Gemäß § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG bleibt ein Entnahmegewinn bei den Einkünften aus
Land- und Forstwirtschaft dann außer Ansatz, wenn der Grund und Boden nach dem 31.12. 1986 dadurch entnommen wird, daß auf ihm die Wohnung des Steuerpflichtigen errichtet wird. Nach § 52 Abs. 15 Satz 11 EStG gilt diese Regelung sinngemäß, wenn das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat ( Grundstück im Betriebsvermögen ).
2. Die Frage, ob diese Steuerbefreiung auch dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Grund und Boden zum Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft gehört und von einem ihrer Gesellschafter für private Wohnzwecke bebaut wird, kann im vorliegenden Fall aus folgendem Grund offenbleiben:
3. Im Streitfall wurde der Grund und Boden zu fremdüblichen Bedingungen von der Personengesellschaft an den Gesellschafter veräußert . Auf Veräußerungen ist § 52 Abs. 15 Sätze 10 und 11 EStG , die § 10e EStG ergänzen, nicht anwendbar.
Nach § 10e Abs. 1 EStG gehört zur Bemessungsgrundlage dieser Steuerbegünstigung auch die Hälfte der Anschaffungskosten des Grund und Bodens, welcher der begünstigten Wohnung zuzurechnen ist. Bei der Entnahme von Grund und Boden aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen entstehen aber grundsätzlich keine Anschaffungskosten , weshalb die Steuerpflichtigen, die ein bisher zu ihrem Betriebsvermögen gehörendes Grundstück zur Bebauung verwenden, nicht nur mit Entnahmegewinnen belastet sind; sie könnten auch den bereits ganz oder teilweise versteuerten Teilwert nicht zur Hälfte als Anschaffungskosten i. S. von § 10e EStG geltend machen.
Die Steuerbefreiung des Entnahmegewinns vermeidet dieses Ergebnis . Es besteht aber kein Grund, den Gesellschafter einer Personengesellschaft, der das zur Bebauung vorgesehene Grundstück von seiner Gesellschaft entgeltlich erwirbt und damit die Voraussetzungen des § 10e Abs. 1 EStG hinsichtlich der Abziehbarkeit von Anschaffungskosten für den Grund und Boden erfüllt, zusätzlich dadurch zu begünstigen, daß er auch die Steuerfreiheit des Entnahmegewinns in Anspruch nehmen kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.07.1998, VIII R 23/95
Hinweis:
Bejaht man mit der wohl herrschenden Meinung in der Literatur die Steuerfreiheit des Gewinns aus der Entnahme von Grund und Boden aus dem Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft durch Errichtung einer Wohnung für eigene Wohnzwecke eines Gesellschafters (vgl. z. B. Schmidt, EStG, 17. Auflage, § 15 Rdnr. 501, m. w. N.), läßt sich das vom BFH im Besprechungsurteil gefundene Ergebnis einfach vermeiden: Statt der im Streitfall gewählten Gestaltung (entgeltliche Veräußerung zu fremdüblichen Bedingungen) entnimmt der betreffende Gesellschafter das Grundstück zu Lasten seines (variablen) Kapitalkontos.