Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinbarkeit des Biokraftstoff-Quotengesetzes mit Gemeinschaftsrecht
Leitsatz (redaktionell)
- Sowohl die Biokraftstoffrichtlinie, als auch die Überlegungen der Kommission in dem „Aktionsplan für Biomasse” machen deutlich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber auch den nur teilweisen Ersatz von fossilen Brennstoffen durch Biomasse fördern will, um die Biokraftstoffquote zu erhöhen.
- Die Belastung mit dem vollen Energiesteuersatz auf den im Diesel enthaltenen auf Pflanzenöl beruhten Biokraftstoffanteil, ist mit den Vorgaben der Richtlinie nicht in Einklang zu bringen.
- Selbst wenn die Richtlinie den einzelnen Mitgliedstaaten keine konkreten Maßnahmen vorgibt, die diese zur Umsetzung der Richtlinie zu treffen haben, muss das gesetzgeberische Ermessen in sachgerechter Weise ausgeübt werden, um die in der Richtlinie vorgegebenen Ziele zu erreichen.
- Die volle Besteuerung des Biokraftstoffanteils in einem aus Biokraftstoff und fossilem Kraftstoff bestehenden Energieerzeugnisse bzw. die Versagung der anteiligen Steuerentlastung verstößt gegen die EG-Richtlinie.
Normenkette
EG-Richtlinie 2003/30; EnergieStG § 6 Abs. 1, § 50 Abs. 4 S. 2, Abs. 2 S. 3 Nr. 2; BiokraftstoffQuG
Streitjahr(e)
2007
Nachgehend
Tatbestand
Die Antragstellerin ist aufgrund entsprechender Zulassung gemäß § 6 Abs. 3 Energiesteuergesetz (EnergieStG) Inhaberin eines Herstellungsbetriebes für Energieerzeugnisse im Sinne von § 6 Abs. 1 EnergieStG und damit gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG zugleich Inhaberin eines Steuerlagers im Sinne von § 6 Abs. 1 EnergieStG. Im Rahmen dieser Zulassung ist es ihr erlaubt, Energieerzeugnisse herzustellen, indem sie Pflanzenöle der Positionen 1507 bis 1508 der kombinierten Nomenklatur (KN) zur Verwendung als Kraftstoff bestimmt. Diese Pflanzenöle werden zum Teil unvermischt als Biokraftstoff gemäß § 50 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG und zum Teil mit Dieselkraftstoff unter Zusatz von Additiven vermischt aus dem Steuerlager entfernt und als Kraftstoffe eingesetzt. Bei der Vermischung gilt die Höhe des Biomasseanteils als Biokraftstoff gemäß § 50 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG.
Nach der bis zum 31. Dezember 2006 bestehenden Rechtslage stand dem Steueranspruch nach § 8 Abs. 1 EnergieStG sowohl hinsichtlich des unvermischten wie auch hinsichtlich des mit Dieselkraftstoff vermischten Biokraftstoffes (insoweit anteilmäßig) ein Steuerentlastungsanspruch nach § 50 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 EnergieStG gegenüber.
Mit Artikel 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Einführung einer Biokraftstoffquote durch Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromsteuerrechtlicher Vorschriften (Biokraftstoffquotengesetz – BioKraftQuG vom 18. Dezember 2006, das zum 1. Januar 2007 in Kraft trat) wurde § 50 des EnergieStG geändert.
In ihrer als Steuerfestsetzung wirkenden Steueranmeldung für den Monat Mai 2007 vom 25. Mai 2007 ermittelte die Antragstellerin einen Energiesteuerbetrag in Höhe von EUR.
Über den zugleich eingelegten Einspruch ist bisher noch nicht entschieden. Der Abgabenbetrag wurde noch nicht entrichtet.
Die von der Antragstellerin für den Monat Juni 2007 abgegebene Steueranmeldung ersetzte der Antragsgegner durch den Steuerbescheid vom 19. Juli 2007, mit dem die Energiesteuer für den Monat Juni 2007 auf EUR festgesetzt wurde.
Auch über den gegen diese Steuerfestsetzung eingelegten Einspruch ist bisher nicht entschieden. Die Abgaben stehen noch zum Soll.
Nach Ablehnung der Anträge auf Aussetzung der Vollziehung bei der Verwaltungsbehörde wandte sich die Antragstellerin mit ihrem Schriftsatz vom 13. August 2007 an das Gericht und ersuchte um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
Die Antragstellerin macht geltend, es handele sich bei ihr um ein relativ junges Unternehmen, das sich seit etwa zwei bis drei Jahren mit der Herstellung und dem Vertrieb von Biokraftstoffen beschäftigen würde. Zum einen stelle sie einen als D 100 bezeichneten Biokraftstoff her, der zu 98 % aus reinem, kalt gepresstem Pflanzenöl (Rapsraffinade) mit einem ca. 2-3%igen Zusatz eines selbstentwickelten Additivs hergestellt werde. Dieser Kraftstoff könne in Dieselmotoren älterer Bauart verwendet werden, ohne dass es hierzu technischer Veränderungen bedürfe.
Für Motoren mit Direkteinspritzung (Pumpedüse, Common Rail) lasse sich D 100 nicht einsetzen. Hierfür sei der unter der Bezeichnung „D-Diesel” vertriebene Kraftstoff entwickelt worden. Dieser bestehe zu ca. 60 % aus D, einem reinen Pflanzenöl, einem geringen Anteil (ca. 2-3 %) Additiven sowie hinsichtlich des restlichen Prozentsatzes aus herkömmlichem Dieselkraftstoff. Der Anteil an Dieselkraftstoff sei im Winter im Hinblick auf die Fließfähigkeit des Kraftstoffes insgesamt höher.
Die Antragstellerin weist darauf hin, dass zum Beispiel die Stadt X im Bereich ihres städtischen Fuhrparks einen großen Anteil der dort betriebenen Dieselfahrzeuge mit D-Diesel betankt. Dies sei Bestandteil des Feinstaubaktionsplanes, den das Land Hessen ...