Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbeschränkte Abzugsfähigkeit von freiwilligen Beiträgen zur Pflegeversicherung
Leitsatz (redaktionell)
Beiträge zur freiwilligen privaten Pflegeversicherung sind nicht entsprechend den Beiträgen zur Basiskrankenversicherung und den Zahlungen an die gesetzliche Pflegeversicherung als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3b, Nr. 3a EStG zu berücksichtigen und können sich daher nicht über den Höchstbetrag im Sinne des § 10 Abs. 4, Abs. 4a EStG hinaus auswirken, auch wenn nur so im Bedarfsfall im Pflegebereich der Leistungsumfang erhalten werden kann, der dem verfassungsrechtlich garantierten Sozialhilfeniveau oder Existenzminimum entspricht.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nrn. 3b, 3a, Abs. 4, 4a
Streitjahr(e)
2015
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Beiträgen zu einer freiwilligen privaten Pflegeversicherung als Sonderausgaben.
Die zusammenveranlagten und verbeamteten Kläger sind am 11.05.1948 und am 04.08.1957 geboren.
Sie sind beim A versichert (Blatt 105 f. ESt-Akten V: Versicherungsschein). Bei der Versicherung handelt es sich unstreitig um eine freiwillige private Pflegeversicherung. Zugleich sind die Kläger auch bei B kranken- und pflegeversichert. Die Versicherung bei der B umfasst eine Kranken- und Pflegeversicherung in der Form der sogenannten Basisabsicherung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) sowie für darüber hinausgehende Versicherungsleistungen. Für die einzelnen Veranlagungszeiträume wurden lediglich die die Basisabsicherung betreffenden an die B geleisteten Beiträge gem. § 10 Abs. 2a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung elektronisch übermittelt. Wegen der weiteren Einzelheiten der für die Veranlagungszeiträume 2010 bis 2013 übermittelten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Kläger wird verwiesen auf Blatt 271 ff. der Gerichtsakte.
Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden für 2010, 2012 und 2013 die B betreffend mit den Beiträgen für die Basisabsicherung sowie betreffend den A antragsgemäß veranlagt.
Im Einkommensteuerbescheid für 2011 (Blatt 113 ff. ESt-Akten V) wurden die an den A geleisteten Beiträge zur Pflegeversicherung zunächst nicht wie beantragt (Blatt 112 ESt-Akten V) berücksichtigt. Auf den Einspruch der Kläger (Blatt 118, 121 ff. ESt-Akten V) unter Bezugnahme auf den Beschluss des BVerfG vom 13.02.2008 (Az.: 2 BvL 1/06), nach dessen Grundsätzen die Beiträge voll steuerlich anzuerkennen seien, weil durch die an den A geleisteten Beiträge lediglich eine tatsächliche Basisabsicherung im Pflegebereich gewährleistet werde, wurde der Bescheid jedoch antragsgemäß geändert (Blatt 127 ff. ESt-Akten V).
Im Einkommensteuerbescheid 2014 (Blatt 59 ff. ESt-Akten V) wurden die Aufwendungen für die Basisabsicherung durch die B, nicht jedoch die Aufwendungen für die Versicherung bei A berücksichtigt.
In der Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2015 wurden wiederum Beiträge für die freiwillige private Pflegeversicherung bei A für den Kläger in Höhe von 290,52 € und für die Klägerin in Höhe von 310,80 € (Blatt 70, 77 ESt-Akten V) geltend gemacht.
Im vorliegend streitigen Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 03.02.2017 (Blatt 78 ff. ESt-Akten V) wurden die die Basisabsicherung bei der B betreffenden, nicht jedoch die an A gezahlten Beiträge steuerlich berücksichtigt.
Gegen den Bescheid legten die Kläger Einspruch (Blatt 84 ESt-Akten V) ein und beantragten, die geltend gemachten Pflegeversicherungsbeiträge an A in Höhe von 601,32 € antragsgemäß zu berücksichtigen. Es werde gebeten, die Nichtberücksichtigung konkret zu begründen, weil die Erläuterungen im Bescheid nicht ausreichend seien.
Mit Schreiben des Beklagten vom 13.02.2017 (Blatt 85 ESt-Akten), 20.03.2017 (Blatt 101 ESt-Akten V) und vom 25.04.2017 (Blatt 158 ESt-Akten V) wurde die Nichtberücksichtigung der Aufwendungen erläutert.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18.10.2017 (Blatt 259 f. ESt-Akten V) zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Kläger wiederholen, ergänzen und vertiefen ihr Vorbringen dahin, dass die Nichtberücksichtigung der Beiträge an A als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben nicht ausreichend begründet worden sei. Inhaltlich gehe aus den Akten nämlich nicht hervor, aus welchem Grunde die Beiträge an A in anderen Veranlagungszeiträumen berücksichtigt, im Rahmen der Veranlagung für 2014 und 2015 jedoch nicht berücksichtigt worden seien, was weiter ausgeführt wird.
Durch die Veranlagungen der Jahre 2012 und 2013 sowie das Rechtsbehelfsverfahren 2011 sei durch den Beklagten ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Der Beklagte dürfe sich nicht zu seinem eigenen früheren Verhalten, auf das der Steuerpflichtige vertraut habe und auch habe vertrauen dürfen, in Widerspruch setzen. Die Veranlagungsergebnisse der Jahre 2010 bis 2013 hätten für 2015 Bindungswirkung.
Die Nichtberücksichtigung der Aufwendungen sei zudem nicht verfassungsgemäß.
Mit der Beg...