Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung bei zinsloser Stundung einer ausstehenden Stammeinlage
Leitsatz (redaktionell)
- Bei Nichteinzahlung von fälligen Stammeinlagen besteht nach § 20 GmbHG ein gesetzlicher Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe des gesetzlichen Zinses nach § 246 BGB, der als Forderung gewinnerhöhend in die Bilanz ein zu stellen ist.
- Der Umstand, dass eine Forderung zur Einzahlung von fälligem Stammkapital über einen längeren Zeitraum nicht beigetrieben und das Aufschieben der Einzahlung der Stammeinlage geduldet wird, lässt auf eine zumindest konkludente Stundungsvereinbarung schließen.
- Die zinslose Stundung einer ausstehenden Stammeinlage stellt in Höhe eines angemessenen Zinses, abzüglich des gesetzlichen Verzugszinses, eine verdeckte Gewinnausschüttung dar.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; GmbHG § 20; BGB § 246
Streitjahr(e)
1993
Tatbestand
Streitig ist, ob die Nichtverzinsung von nicht eingezahltem Stammkapital eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) darstellt.
Die Klägerin wurde mit notariellem Vertrag vom …1991 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist die Produktion und der Vertrieb ….. Seit Ende 1996 befindet sich die Klägerin in Liquidation.
Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren:
G (vom 29.09.1992 bis 31.01.1995) mit 33,4 %
W (seit 25.09.1992) mit 16,6 % und
H (seit 25.09.1992) mit 50 %.
Der spätere Gesellschafter W hatte der Klägerin mit Darlehensvertrag vom 28.02.1991 ein Darlehen in Höhe von 800.000,-- DM zur Verfügung gestellt. Die Darlehensrückzahlung war in einem Betrag vorgesehen. Die Darlehensverbindlichkeit wurde in den Jahren 1991 und 1992 mit 12 % verzinst. Im Kalenderjahr 1993 erfolgte die Kreditgewährung bis zur Rückzahlung des Darlehens unverzinslich.
Am 25.09.1992 beschloss die Gesellschafterversammlung eine Erhöhung des Stammkapitals um 800.000,-- DM auf insgesamt 900.000,-- DM. Davon übernahmen:
W einen Anteil von |
132.800,-- DM, |
H einen Anteil von |
400.000,-- DM und |
G einen Anteil von |
267.200,-- DM. |
|
800.000,-- DM |
Nach den vertraglichen Vereinbarungen waren die Stammeinlagen entsprechend den Nominalbeträgen sofort in voller Höhe zur Zahlung fällig. Tatsächlich erfolgte die Zahlung der Stammkapitalanteile erst im Laufe des Kalenderjahres 1993. Dabei zahlten die Anteilseigner wie folgt:
am 9. März 1993: |
|
W |
132.800,-- DM, |
H |
400.000,-- DM, |
G |
200.000,-- DM; |
am 18. März 1993 |
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G |
67.200,-- DM. |
Verzugszinsen nach § 20 GmbH-Gesetz für eingeforderte, aber nicht rechtzeitig geleistete Stammeinlagen wurden von der Klägerin nicht verlangt.
Nach Durchführung einer Betriebsprüfung für die Streitjahre berücksichtigte das Finanzamt in Höhe der entgangenen Zinsen eine vGA im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG). Dabei legte es für 1992 ausgehend von der Verzinsung des vom Gesellschafter W an die Klägerin gewährten Darlehens einen Zinssatz von 12 % und aufgrund der Unverzinslichkeit des Darlehens von W in 1993 einen Zinssatz von 8,9 % zugrunde. Die Ermittlung dieses Zinssatzes erfolgte im Rahmen einer Schätzung durch Mittlung des bank-üblichen Habenzinses und der banküblichen Sollzinsen. Dabei ging das Finanzamt davon aus, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bank-übliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen.
Am 25.03.1999 erließ das Finanzamt entsprechende Änderungsbescheide. Gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1993, den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31.12.1993 und den Gewerbesteuermessbescheid 1993 wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, den das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 09.02.2000 zurückwies. Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Qualifizierung entgangener Zinsen als vGA sei unzutreffend, soweit der gesetzliche Verzugszins von 4 % überschritten werde. Bezugnehmend auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führt sie aus, dass der Ansatz von Sollzinsen hier nicht gerechtfertigt sei, da die Gesellschaft keine Bankgeschäfte betreibe und deshalb auch nicht den damit verbundenen Aufwand habe. Desweiteren sei der Ansatz der Sollzinsen wegen des erhaltenen zinslosen Darlehens von einem Gesellschafter nicht gerechtfertigt. Als Verzugszins im Sinne des § 20 GmbH-Gesetz sei im übrigen der gesetzliche Zinssatz von 4 % gemäß § 246 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anzusetzen, da weder die Satzung der Gesellschaft eine abweichende Regelung enthalte, noch eine gesetzliche Norm existiere, die einen höheren Zinssatz festschreibe.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide vom 25.03.1999 über Körperschaftsteuer 1993, gesonderte Feststellung nach § 47 Abs. 1 und Abs. 2 KStG zum 31.12.1993 sowie den Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1993 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 09.02.2000 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, es liege eine vGA vor, da die Klägerin auf eine angemessene Verzinsung der eingeforderten Einlageforderung verzichtet habe. Als Maßstab seien der ...