Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines bestandskräftigen Kindergeldaufhebungsbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO
Leitsatz (redaktionell)
Erbringt der Kindergeldberechtigte den Nachweis für die Ausbildung seines Kindes nach Ablauf der Einspruchsfrist gegen den Kindergeldaufhebungsbescheid, beruht das verspätete Einreichen der Unterlagen nur auf leichter Fahrlässigkeit und führt zur Änderung des Aufhebungsbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, es sei denn das Finanzamt hat den Kindergeldberechtigten vor Erlass des Aufhebungsbescheides zur Vorlage der Unterlagen aufgefordert.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
2010
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin bezog Kindergeld für ihre Tochter A seit Geburt des Kindes.
Die beklagte Familienkasse hob mit Bescheid vom .2010 die Kindergeldfestsetzung für die Tochter A ab Dezember 2008 auf und forderte zugleich das von Januar 2009 bis November 2009 gezahlte Kindergeld in Höhe von € von der Klägerin zurück.
Diese Entscheidung wurde damit begründet, dass die Klägerin der Aufforderung, einen Nachweis über das Ende der Schulausbildung der Tochter vorzulegen, nicht nachgekommen sei.
In der vorliegenden Kindergeldakte befindet sich jedoch keinerlei Nachweis darüber, dass die beklagte Familienkasse entsprechende Aufforderungsschreiben vor Ergehen des Bescheides vom .2010 an die Klägerin gerichtet hatte.
Gegen diesen Bescheid vom .2010 hat die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom .2010, der am .2010 bei der Familienkasse einging, Einspruch eingelegt. Die Familienkasse hat in ihrer Einspruchsentscheidung vom .2010 diesen Einspruch der Klägerin wegen Fristversäumung als unzulässig zurückgewiesen. Diese Einspruchsentscheidung ist bestandskräftig geworden.
Die Familienkasse hat den verspäteten Einspruch zugleich als einen neuen Antrag auf Kindergeldfestsetzung gewertet und, da nunmehr die geforderten Nachweise über die Ausbildung der Tochter zusammen mit dem Einspruchsschreiben vorgelegt worden waren, mit Bescheid vom 2010 Kindergeld ab März 2010 neu festgesetzt.
Zugleich wurde in diesem Bescheid ausgeführt, dass die Rückforderung von Kindergeld aus dem Bescheid vom .2010 bestehen bleibe, da diese Entscheidung nicht mehr mit Wirkung für die Vergangenheit korrigiert werden könne.
Gegen den Bescheid vom .2010 hat die Klägerin zunächst Einspruch eingelegt und nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben.
Die Klägerin trägt vor, sie habe mit ihrem Einspruchsschreiben vom .2010 den erforderlichen Nachweis dafür gebracht, dass sich ihre Tochter auch im streitgegenständlichen Zeitraum von Dezember 2008 bis Februar 2010 in Schulausbildung befunden habe. Ein Anspruch auf Kindergeld verjähre erst in 4 Jahren nach der Entstehung des Anspruchs, so dass hier das Kindergeld rückwirkend festzusetzen sei.
Im vorliegenden Fall, eine Korrektur des bestandskräftigen Aufhebungsbescheides vom .2010 nach § 173 der Abgabenordnung in Betracht, da die Klägerin an dem nachträglichen Bekanntwerden der Anspruchsvoraussetzungen kein grobes Verschulden treffe. Die Klägerin habe insoweit weder mit Vorsatz noch grob fahrlässig gehandelt. Soweit es zu einer Verspätung bei der Einreichung der geforderten Nachweise gekommen sei, könne dies nur auf einem Versehen und damit allenfalls einer einfachen Fahrlässigkeit beruhen. Dies gelte umso mehr, als die Klägerin in der Vergangenheit stets die aktuellen Schulbescheinigungen der Tochter an die Familienkasse übermittelt habe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 2010 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Familienkasse vom .2010 sowie die Einspruchsentscheidung vom .2010 aufzuheben und der Klägerin Kindergeld für das Kind A ab Dezember 2008 zu zahlen.
Die beklagte Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Familienkasse ist der Ansicht, dass im Streitfall die Voraussetzungen für eine rückwirkende Änderung des bestandskräftigen Aufhebungsbescheides vom 2010 gem. § 173 der Abgabenordnung nicht vorliegen würden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Familienkasse vom .2010 Bezug genommen.
Dem Gericht haben die einschlägigen Kindergeldakten der Familienkasse vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid der Familienkasse vom .2010 ist rechtswidrig.
Die Familienkasse hat es darin zu Unrecht abgelehnt, den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom .2010 gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung zu ändern.
Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung sind Steuerbescheide (hier: Kindergeldbescheide) aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer (hier: höherem Kindergeld) führen und den Steuerpflichtigen bzw. Kindergeldberechtigten kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.
Die Voraussetzungen die...