Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsverhältnis zwischen Angehörigen ohne feste Arbeitszeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Arbeitsverhältnis zwischen Angehörigen ist bei fehlender Vereinbarung einer festen Arbeitszeit steuerlich nur anzuerkennen, wenn ein belegmäßiger Nachweis der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden geführt wird.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4; LStDV § 1 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1991, 1992, 1993

 

Tatbestand

Der Kläger bezog in den Streitjahren aus der Entwicklung von Patenten Einkünfte aus selbständiger Arbeit und aus deren Verwertung Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Im Dezember 1990 schloss er mit seinem damals siebzehnjährigen, die Schule besuchenden Sohn, einen Arbeitsvertrag. Danach sollte der Sohn 35 Stunden im Monat gegen eine Vergütung von DM 430,-- monatlich verschiedene Hilfsarbeiten für die betriebliche Tätigkeit des Klägers leisten. Wegen der einzelnen übernommenen Tätigkeiten wird auf eine schriftliche Erklärung des Sohnes vom 18.09.1999 (Bl. 37 d.A. FG) verwiesen.

Aufzeichnungen über die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden wurden nicht geführt. Der Kläger und sein Sohn haben jedoch übereinstimmend versichert, dass die vereinbarte Arbeitszeit im Monat immer erreicht worden wäre.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1991 – 1993 dergestalt abzuändern, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von DM 5.988,18 in 1991, 5.799,53 in 1992 und 5.367,05 in 1993 steuermindernd berücksichtigt werden.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Dem Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Sohn ist die steuerliche Anerkennung zu versagen.

Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 EStG die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dies ist bei Lohnzahlungen an einen im Betrieb des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen der Fall, wenn dieser aufgrund eines Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Steuerpflichtige seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34, und Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 31. Oktober 1989 VIII R 293/84, BFH/NV 1990, 759). Angesichts des bei Angehörigen vielfach fehlenden Interessengegensatzes und der daraus resultierenden Gefahr des steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten muss aber sichergestellt sein, dass die Vertragsbeziehung und die auf ihr beruhenden Leistungen tatsächlich dem betrieblichen und nicht - z.B. als Unterhaltsleistungen - dem privaten Bereich (§ 12 Nrn. 1 und 2 EStG) zuzurechnen sind. Dazu bedarf es einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände (BFH-Urteile vom 11. Dezember 1964 VI 109/63, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 4, Rechtsspruch 825, und vom 25. Juli 1991 XI R 30, 31/89, BFHE 165, 89, BStBl II 1991, 842; Beschluss vom 13. Juli 1994 I B 133/93, BFH/NV 1994, 861). Indizmerkmal für die Zuordnung der Vertragsbeziehung zum betrieblichen Bereich im Sinne des BVerfG-Beschlusses in BStBl II 1996, 34 ist insbesondere, ob der Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist (Senatsurteile vom 13. November 1986 IV R 322/84, BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121, und vom 23. Juni 1988 IV R 129/86, BFH/NV 1989, 219). Dabei ist allerdings zu beachten, dass geringfügige Abweichungen einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen sowohl bezüglich des Vertragsinhalts als auch bezüglich der Vertragsdurchführung für sich allein nicht stets zur steuerlichen Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses führen müssen (vgl. auch BFH-Urteil vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196, und Senatsurteil vom 17. September 1997 IV R 54/96, BFH/NV 1998, 164).

So erkennt die Rechtsprechung es z.B. an, dass eine Unklarheit im Vertrag bei der Wochenarbeitszeit eines vom Steuerpflichtigen beschäftigten Angehörigen für die steuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses nicht schädlich ist, wenn die Arbeitszeit von den betrieblichen oder beruflichen Erfordernissen des Steuerpflichtigen abhängt, deshalb letztlich unbestimmt und nur in Schätzwerten anzugeben ist. Die Unklarheit ist in einem solchen Fall auf die Eigenart des Arbeitsverhältnisses zurückzuführen und nicht auf eine unübliche Gestaltung (BFH-Urteil vom 21. August 1984 VIII R 66/80, Juristisches Informationssystem - juris -). Gerade bei einem Arbeitsverhältnis, das Hilfstätigkeiten von untergeordneter Bedeutung zum Gegenstand hat, werden das Aufgabengebiet und der zeitliche Einsatz des Arbeitnehmers auch in Arbeitsverträgen unter fremden Dritten nicht stets in allen Einzelheiten festgelegt, sondern der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers überlassen (Niedersächsisches FG, Urteil vom 18. Januar 1994 VIII 150/91, EFG 1994, 867; a...

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