Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen an die Mutter des nichtehelichen Kindes im Rahmen des Realsplitting
Leitsatz (redaktionell)
Die Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen gemäß § 1615l BGB an die Mutter des gemeinsamen nichtehelichen Kindes als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Rahmen des Realsplittings, kommt auch nach der Reform des Unterhaltsrechts zum 1.1.2008 nicht in Betracht.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 33a; BGB §§ 1615l, 1570
Streitjahr(e)
2011
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 16.07.2015; Aktenzeichen X B 139/14) |
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Unterhaltszahlungen des von der beklagten Behörde (dem Finanzamt) zur Einkommensteuer veranlagten Klägers an seine ehemalige Lebensgefährtin, zugleich Mutter des am 21.12.2009 geborenen gemeinsamen nichtehelichen Kindes, unter Anwendung der Grundsätze zum sog. Realsplitting (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes
-EStG-) in voller Höhe als Sonderausgaben abziehbar sind.
Das Finanzamt berücksichtigte bei Durchführung der Veranlagung die vom Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2011 geltend gemachten Unterhaltsleistungen in Höhe von 12.204 € lediglich als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG, die sich aber aufgrund der anzurechnenden Einkünfte und Bezüge der Kindesmutter und früheren Lebensgefährtin beim Kläger steuerlich nicht auswirkten.
Der gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 31.7.2013 eingelegte Rechtsbehelf des Klägers, mit dem dieser wegen der nach seiner Ansicht verfassungswidrigen steuerlichen Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Lebenspartnerschaften die vollständige Berücksichtigung der gezahlten Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG beantragte, blieb erfolglos. In seiner Einspruchsentscheidung vom 19.9.2013, auf deren Inhalt wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, vertrat das Finanzamt den Standpunkt, das die durch das Realsplitting eröffnete Abzugsmöglichkeit nach dem klaren Gesetzeswortlaut ausschließlich geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten vorbehalten sei und Zahlungen an eine ledige Kindesmutter nach § 1615 l des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) insoweit nicht anerkannt werden könnten.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und macht zur Begründung Folgendes geltend:
Zwar habe der Bundesfinanzhof (BFH) durch Beschluss vom 13.3.1995 X B 158/94, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH
-BFH/NV- 1995, 777 die Streitfrage vor über 18 Jahren in der Weise beantwortet, dass die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Unterhaltsleistungen weder gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) noch gegen Art. 6 GG verstoße. Auch habe das Bundesverfassungsgericht -BVerfG- die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde durch Beschluss vom 30.4.1998 2 BvR 1033/958 (Steuer-Eildienst -StED- 1998, 386) nicht zur Entscheidung angenommen. Diese 15 Jahre alte Rechtsprechung sei jedoch überkommen und halte einem kritischen Abgleich mit den gesellschaftlichen Realitäten und den nach 1998 getroffenen Wertentscheidungen des Gesetzgebers im Unterhaltsrecht nicht mehr stand.
Das BVerfG selbst habe zum Unterhaltsrecht mit seinem Beschluss vom 28.2.2007 1 BvL 9/04 (Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 118, 45) gerügt, dass - damals - unverheiratete Mütter oder Väter für die Betreuung ihrer Kinder vom ehemaligen Partner nicht genau so lange Unterhalt erhielten wie Geschiedene. Das BVerfG habe die Benachteiligung lediger Eltern gegenüber Verheirateten somit für verfassungswidrig erklärt, da die geltenden Regelungen und ihre Umsetzung durch die Gerichte gegen das Verbot der Diskriminierung nichtehelicher Kinder im Grundgesetz verstießen. In der Folge sei durch das „Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts” das Familienrecht in der Weise geändert worden, dass sich die Unterhaltsansprüche der (in der gesellschaftlichen Realität typischerweise) nicht verheirateten Mutter gegenüber dem Vater gemäß § 1615 1 Abs. 2 BGB typischerweise auf drei Jahre nach der Geburt belaufen. Fast wortgleich regele § 1570 Abs. 1 BGB diesen Anspruch des geschiedenen unterhaltsberechtigten Elternteils, i. d. R. der Mutter. Dies bedeute, dass nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers die verfassungsgerichtlich monierte Ungleichbehandlung in der Weise beseitigt wurde, dass sich der Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes ebenso wie der geschiedenen Mutter eines ehelichen Kindes auf drei Jahre beläuft (sog. Basisunterhalt). Die Höhe bzw. Berechnungsmethodik dieses Basisunterhalts sei ebenfalls vergleichbar. Im Einzelfall könne aufgrund der Abhängigkeit von der Lebensstellung der Mutter deren Anspruch den Anspruch der ehemals verheirateten Mutter sogar übersteigen. Wenn es nun so sei, dass der Gesetzgeber aufgrund der verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder sich dafür entschieden hat, Dauer und Umfang des Basisunterhaltes vergle...