Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Verlusten aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Forderungsverlust fällt – sofern hierdurch keine verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft erfolgt - nicht unter § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG (gegen BFH-Urteil vom11.7.2017, IX R 36/15 u. vom 24.10.2017, VIII R 13/15).
2. Der Ausfall einer Kapitalforderung die zum Wegfall der Vermögenssubstanz führt, ist einer Veräußerung i.S.d. § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG auch nicht gleichzustellen, da über den klaren und eindeutigen Wortlaut hinaus keine planwidrige und auslegungsbedürf-tige Regelungslücke besteht.
Normenkette
EStG §§ 17, 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 2, § 52 Abs. 28 S. 16
Streitjahr(e)
2011
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger werden als Ehegatten zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger zu 1. (Ehemann), der im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht, war mit Aktien an der X-AG beteiligt, was einer Beteiligungsquote von 4,87 % entspricht.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2011 machten die Kläger einen Verlust nach § 17 Einkommensteuergesetz - EStG – aus der Beteiligung des Klägers an dieser Gesellschaft in Höhe von 410.135,47 Euro geltend. Dieser Verlust setzt sich zusammen aus dem Veräußerungspreis in Höhe von 1,- Euro sowie der Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 25.000,- Euro. Demgegenüber stehen Anschaffungskosten in Höhe von 231.574,83 Euro für den Kauf der Aktien sowie ein hingegebenes Darlehen (einschließlich Zinsen) in Höhe von 203.561,64 Euro. Der Darlehensvertrag wurde am 17.11.2008 abgeschlossen; die Auszahlung der Darlehensvaluta erfolgte bereits am 14.11.2008.
Nachdem mit Einkommensteuerbescheid 2011 vom 05.04.2013 der Verlust wegen noch bestehender Unklarheiten zunächst nicht anerkannt worden war, erkannte der Beklagte nach Vorlage weiterer Unterlagen mit Bescheid vom 04.09.2013 einen Verlust bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 138.944,- Euro (60 % von 231.574,- Euro) an. In der Anlage zum Bescheid wurde dies dahingehend erläutert, dass der aus der Veräußerung der Anteile resultierende Verlust in Höhe von 231.574,- Euro unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens anerkannt werde. Der Verlust des Darlehens sei nicht anzuerkennen, da das zugewandte Darlehen keinen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt habe. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Darlehensgeber unternehmerisch an der Aktiengesellschaft beteiligt sei, wovon erst ab einer Beteiligungsquote von mindestens 10 % auszugehen sei. Der Kläger sei daher nicht unternehmerisch tätig gewesen. Daher könne das Darlehen im Rahmen des § 17 EStG nicht berücksichtigt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zum Einkommensteuerbescheid vom 04.09.2013 Bezug genommen.
Hiergegen haben die Kläger Einspruch eingelegt und vorgetragen, das Gesellschafterdarlehen gehöre zu den Anschaffungskosten. Vorliegend habe es sich um einen relativ kleinen Kreis von Anteilseignern gehandelt, der in regelmäßigem Abstand mit der Geschäftsleitung in Verbindung gestanden habe. Der sich in der Krise befindenden Gesellschaft hätten einige Anteilseigner Darlehen gegeben, was als eigenkapitalersetzende Finanzierungsmaßnahme zu werten sei. Die Zufuhr "frischen Kapitals“ in der Krise bedeute immer eine Finanzierungsentscheidung für die Fortführung der Gesellschaft. Die mit der Beteiligung in Zusammenhang stehenden Aufwendungen seien – unabhängig von der Höhe der Beteiligung – dann auch im Rahmen des § 17 EStG abziehbar. Die bisherige Rechtsprechung zur Problematik der nachträglichen Anschaffungskosten habe sich streng am Zivilrecht orientiert. Die durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 grundlegende Änderung der Zivilrechtslage habe jedoch keinen Einfluss auf die im Rahmen des § 17 EStG vorzunehmende zivilrechtliche Betrachtungsweise. Das objektive Nettoprinzip sei weiterhin zu beachten mit der Folge, dass hingegebene Mittel im Verlustfall ebenso als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG abziehbar seien wie bei "echtem“ Stammkapital. Der Entscheidung des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 20.08.2013 – IX R 43/12 sei daher nicht zu folgen. Schließlich käme auch – hilfsweise – ein Abzug der Aufwendungen nach § 20 Abs. 4 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG in Betracht, gegebenenfalls auch ein Abzug der aus dem Forderungsausfall resultierenden Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG.
Der BFH habe mit Urteil vom 06.05.2014 – IX R 44/13 im Übrigen die Finanzierungshilfen eines nicht geschäftsführenden und nicht unternehmerisch an der Gesellschaft beteiligten Gesellschafters als nachträgliche Anschaffungskosten anerkannt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 07.05.2015 wurde der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Nur die Fiktion des Eigenkapi...