Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [II R 5/17)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerklassenklassifizierung für Zwecke der Schenkungssteuer bei Zuwendungen des biologischen aber nicht rechtlichen Vaters an seine leibliche Tochter
Leitsatz (redaktionell)
- Bei einer Geldschenkung des biologischen aber nicht rechtlichen Vaters an seine leibliche Tochter greift bei der Schenkungssteuer die günstigere Steuerklasse I ein.
- Die rechtliche Vaterschaft des Ehemannes der leiblichen Mutter schließt die Gewährung des Freibetrages nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ErbStG für den leiblichen Vater nicht aus.
Normenkette
ErbStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; BGB § 1592; ErbStG § 16 Abs. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
2016
Nachgehend
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten für die Festsetzung von Schenkungsteuer ist die Anwendung der Steuerklasse I auf eine Zuwendung des biologischen, aber nicht rechtlichen Vaters an seine Tochter.
Der Kläger ist verheiratet und hat mit seiner Ehefrau einen gemeinsamen Sohn. Darüber hinaus ist er der biologische Vater von Frau E (Erwerberin). Diese wurde am …1987 innerhalb der Ehe ihrer leiblichen Mutter - Frau M - mit Herrn M geboren. Eine Anfechtung der Vaterschaft des Herrn M erfolgte nicht. Ungeachtet der Frage der rechtlichen Wirksamkeit seiner Erklärung erkannte der Kläger mit notarieller Urkunde vom … 1994 (Urkundenrolle Nr. …/1994 des Notars … mit Sitz in …) seine Vaterschaft an. Am… 2015 wurde die biologische Vaterschaft durch Genanalyse festgestellt. Hinsichtlich der Einzelheiten der notariellen Urkunde und der Vaterschaftanalyse wird auf die Anlagen zum Schriftsatz vom 11. November 2016 (Bl. 114 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 15. März 2016 zeigte der Kläger an, dass er der Erwerberin am gleichen Tag einen Geldbetrag in Höhe von …,-- € zugewandt habe. Ergänzend teilte er mit, dass er für den Fall, dass trotz des persönlichen Verhältnisses Schenkungsteuer anfallen sollte, deren Übernahme zugesagt habe. Auf Aufforderung des Beklagten (des Finanzamts - nachfolgend FA -) reichte der Kläger am 4. April 2016 eine Schenkungsteuererklärung ein, in der er unter Bezugnahme auf den bisherigen Schriftsatzwechsel mit dem FA die Berücksichtigung der Steuerklasse I beantragte.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2016 setzte das FA - unter Berücksichtigung der Steuerklasse III - Schenkungsteuer in Höhe von …,-- € fest. In den Erläuterungen des Bescheides führte das FA aus, die Anwendung der Steuerklasse I sei nicht möglich, da eine rechtliche Vaterschaft zu einer anderen Person bestehe, die die rechtliche Anerkennung der Vaterschaft des biologischen Vaters ausschließe (§ 1594 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -).
Hiergegen legte der Kläger am 13. Mai 2016 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, die Besteuerung nach der Steuerklasse I sei nicht nur für Zuwendungen des rechtlichen Vaters, sondern darüber hinaus auch für Zuwendungen des biologischen Vaters zu gewähren. Seine Tochter sei neben seinem Sohn seine engste Blutsverwandte. Die erbschaft- und schenkungsteuerliche Privilegierung der Weitergabe an die Kinder als engste Verwandte sei untrennbarer Bestandteil der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), der in Art. 2 Abs. 1 GG verankerten Privatautonomie und des in Art. 6 Abs. 1 GG verbürgten besonderen Schutzes der Familie und daher verfassungsrechtlich geboten. Insoweit werde auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 22. Juni 1995 (2 BvR 552/91) verwiesen. Das BVerfG habe zudem im Zusammenhang mit der Durchsetzung eines Umgangsrechts des biologischen Vaters entschieden, dass auch der biologische Vater mit seinem Kind eine von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Familie bilde, wenn zwischen ihm und dem Kind eine sozial-familiäre Bindung bestehe (Beschluss vom 9. April 2003 1 BvR 1493/96). Diese vom BVerfG als notwendig angesehene sozial-familiäre Beziehung sei aufgrund einer gemeinsamen, am Kindeswohl orientierten Abmachung zwischen ihm und den rechtlichen Eltern zwar erst ab dem Jahr 2005 entstanden, da die Erwerberin mit Erwerb ihrer Volljährigkeit von ihrer biologischen Abstammung erfahren habe. Seit diesem Zeitpunkt habe sich ihr Verhältnis zu einer „zweiten Familie” entwickelt. Testamentarisch habe er - gemeinsam mit seiner Ehefrau - die Erwerberin zu gleichen Teilen wie seinen Sohn bedacht. Bei verfassungskonformer Auslegung des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG werde auch die Zuwendung an seine biologische Tochter von der steuerlichen Privilegierung umfasst. Insbesondere hindere die zivilrechtliche Vaterschaftsfiktion des § 1592 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht, den Begriff des Kindes im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht auch auf biologische Kinder auszudehnen. Dies entspreche auch den Erwägungen, die den Gesetzgeber zu der verfassungsrechtlichen Privilegierung von Kindern veranlasst hätten. Insoweit werde auf die Entscheidung des BVerfG vom 22. Ju...