Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Durchführung einer Pflichtveranlagung bei rückwirkendem Wegfall der Steuerpflicht
Leitsatz (redaktionell)
- Liegen bei Eingang der Einkommensteuererklärung die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht mehr vor, weil die Steuerpflicht für gewisse Einkünfte zwischenzeitlich rückwirkend entfallen ist, kommt nur eine Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG in Betracht.
- Nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist eine Veranlagung trotz Vorliegens von Einkünften, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen und mehr als 800,- DM betragen, nur durch zu führen, wenn sonstige steuerpflichtige Einkünfte vorliegen.
Normenkette
EStG § 46 Abs. 2 Nrn. 1, 8, Abs. 1 Nr. 1, § 32b Abs. 1 Nr. 2; DBA Art. 29 Abs. 2 Buchst. a, Art. 15 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1
Streitjahr(e)
1992
Nachgehend
Tatbestand
Der verheiratete Kläger, dessen Ehefrau mit den zwei gemeinsamen Kindern in … lebt , war im Jahr 1992 als Flugzeugmechaniker für die … in … tätig. Sein Arbeitslohn betrug ausweislich der Lohnsteuerkarte … DM, wovon die Arbeitgeberin … DM Lohnsteuer einbehielt und an das Finanzamt abführte.
Am 28. Mai 1999 gaben die Kläger beim Beklagten eine gemeinsame Einkommensteuererklärung ab, die außer den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit keine weiteren Einkünfte enthielt. Für den Arbeitslohn aus der Tätigkeit in … beantragten sie entsprechend dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und … Steuerfreiheit.
Der Beklagte lehnte die Durchführung einer Veranlagung ab und wies auch den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung die Kläger im wesentlichen vortragen, bei der beantragten Veranlagung handele es sich nicht - wie der Beklagte meine - um eine Antragsveranlagung, sondern gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz -EStG- 1992 um eine Pflichtveranlagung, weil die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte mehr als 800,-- DM betrügen.
Außerdem ergebe sich aus Artikel 2 des deutschen Zustimmungsgesetzes zu dem Abkommen vom 22. April 1996 (Bundessteuerblatt -BStBl- I 1996, 588), dass eine Veranlagung durchzuführen sei, weil das DBA auf Veranlagungszeiträume anzuwenden sei, die vor seinem Inkrafttreten liegen.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung der Verfügung vom 7. Dezember 1999 und der Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 2000 das Finanzamt zu verpflichten, eine Veranlagung für das Jahr 1992 entsprechend der abgegebenen Steuererklärung vorzunehmen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens,
die Revision zuzulassen.
Er ist der Ansicht, eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 -EStG- 1992 sei nur dann durchzuführen, wenn neben dem Arbeitslohn noch Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, bezogen würden und die Summe dieser Einkünfte mehr als 800,-- DM betrage.
Da der Kläger ausschließlich dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte bezogen hätte, lägen die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG 1992 nicht vor.
Eine Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG 1992 komme wegen Zeitablaufs nicht in Betracht.
Artikel 2 des Zustimmungsgesetzes zum DBA sei deshalb nicht anwendbar, weil er die Ausschlussfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG 1992 nicht berühre.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat zu Recht den Antrag der Kläger auf Veranlagung zur Einkommensteuer 1992 abgelehnt.
Gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1992 lagen zwar im Hinblick auf die Höhe des Arbeitslohnes des Klägers - … DM - ursprünglich die Voraussetzungen einer Pflichtveranlagung vor. Diese sind aber mit Inkrafttreten des DBA am 10. August 1996 rückwirkend entfallen (Artikel 29 Abs. 2 Buchstabe a), weil danach die nach dem 1. Januar 1992 bezogenen Löhne aus unselbständiger Arbeit nur in dem Vertragsstaat besteuert werden können, in dem sie die dort ansässige Person bezieht (Artikel 15 Abs. 1 DBA).
Da sich der Kläger im Jahr 1992 ausschließlich in … aufgehalten und dort seinen Arbeitslohn bezogen hat, sind seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Inland steuerfrei und unterliegen nur dem Progressionsvorbehalt (Artikel 24 Abs. 1 Buchstabe a DBA i.V.m. § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG 1992). Da die Kläger keine weiteren Einkünfte - neben dem steuerfreien Arbeitslohn - erklärt haben, lagen somit bei Eingang der Einkommensteuererklärung beim Beklagten am 28.Mai 1999 die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1992 nicht mehr vor, so dass nur eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG 1992 in Betracht kommt. In diesem Fall ist der Antrag jedoch bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden 2. Kalenderjahres - 31.12.1994 - durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen. Diese Ausschlussfrist war - wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat - bei Eingang der Einkommensteuererklärung am 28. Mai 1999 verstrichen.
Der Beklagte ha...