Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufspaltung bei faktischer Beherrschung
Leitsatz (redaktionell)
- In Ausnahmefällen liegt trotz fehlender rechtlicher Möglichkeit zur Durchsetzung des eigenen Willens einer Person eine faktische Beherrschung und damit eine personelle Verflechtung vor, wenn auf die Gesellschafter aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen derartiger Druck ausgeübt werden kann, dass sich diese dem Willen der herrschenden Person unterordnen, z.B. weil diese unverzichtbare Betriebsgrundlagen zur Verfügung stellt, die er der Gesellschaft ohne weiteres wieder entziehen kann und die nicht ersatzweise von Dritten beschafft werden können.
- Die Verpachtung eines Grundstücks gewährt dem Gesellschafter nur dann eine hinreichende Machtstellung, wenn nicht die Möglichkeit besteht, ein anderes Grundstück zu pachten und den Betrieb zu verlegen.
- Eine Betriebsverpachtung im Ganzen liegt dann nicht vor, wenn das Grundvermögen nicht die alleinige Betriebsgrundlage darstellt und andererseits der Kläger das bewegliche Anlagevermögen und das Umlaufvermögen nicht die GmbH als Pächter veräußert sondern in die GmbH eingebracht hat.
- Ein Ruhen des Gewerbebetriebs ist nicht nur dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung vorliegen, sondern auch dann, wenn ein Gewerbetreibender den seinem bisherigen Betrieb das Gepräge gebenden Grundbesitz vermögensverwaltend vorhält oder die Vermietung von bisher zum Betriebsvermögen gehörendem Grundbesitz wie bisher fortführt und sich weder aus den äußerlich erkennbaren Umständen eindeutig ergibt, dass der Betrieb endgültig aufgegeben werden soll, noch eine eindeutige Erklärung dieses Inhalts gegenüber dem Finanzamt abgegeben worden ist.
- Ein Ruhen des Gewerbebetriebs außerhalb der Betriebsverpachtung liegt nicht vor, wenn bei Einstellung der werbenden Tätigkeit nicht die Absicht bestand, den Betrieb später fortzuführen (subjektives Tatbestandsmerkmal) und die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter es nicht erlaubten, den Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in gleichartiger oder ähnlicher Weise wiederaufzunehmen.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1-2, § 34
Streitjahr(e)
1994
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers zu 1. und der GmbH, an der die Kläger zu 1. und 2. beteiligt waren, eine Betriebsaufspaltung bestand, mit der Folge, dass der Entnahmegewinn betreffend mehrerer Grundstücke als laufender Gewinn zu versteuern ist.
Die Kläger sind miteinander verheiratet und wurden im Streitjahr 1994 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger zu 1. hatte bis zum XX XX XX einen Getränkegroßhandel als Einzelunternehmen. Zum XX XX XX wurde durch Einbringung des bisherigen Einzelunternehmens - mit Ausnahme des Grundvermögens - die GmbH gegründet (vgl. Gesellschaftsvertrag vom 17.09.1979, Nr. 489 der Urkundenrolle für 1979 des Notars Dr. R.G.). Neben dem Kläger zu 1. waren die Klägerin zu 2. und der Bruder des Klägers zu 1., Herr L.N., an der GmbH beteiligt. Die Beteiligungsverhältnisse stellten sich sowohl 1979 als auch unverändert im Jahre 1994 wie folgt dar:
Gesellschafter |
Stammeinlagen |
Beteiligung in % |
Kläger zu 1. |
49.000 DM |
49 % |
Klägerin zu 2. |
26.000 DM |
26 % |
L.N. (Bruder des Klägers) |
25.000 DM |
25 % |
|
100.000 DM |
100 % |
Der Kläger zu 1. ist Eigentümer der Grundstücke A-Str. 19a, 21, 23 und 23a in M., die zum Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des Klägers zu 1. gehörten. Das Grundstück A-Str. 23a diente zum Teil dem Geschäftsbetrieb der GmbH und war an diese verpachtet. Der übrige Teil dieses Grundstücks und die übrigen Grundstücke waren seitens des Klägers zu 1. zu fremdgewerblichen und zu Wohnzwecken vermietet.
Im Streitjahr gingen die Beteiligten vom Bestehen einer Betriebsaufspaltung zwischen der GmbH als Betriebsgesellschaft und dem Einzelunternehmen als Besitzunternehmen, und damit von einer gewerblichen Tätigkeit des Einzelunternehmens durch die Vermietung und Verpachtung, aus.
Zum 31.12.YY entnahm der Kläger zu 1. die Grundstücke A-Str. 19a, 21 und 23 und die nicht betrieblich genutzten Teile des Grundstücks A-Str. 23a dem Betriebsvermögen und berechnete einen Entnahmegewinn in Höhe von insgesamt 1.160.506 DM.
Die Kläger erklärten den Entnahmegewinn einkommensteuerrechtlich als tarifbegünstigten Gewinn aus einer Teilbetriebsaufgabe gemäß § 34 Einkommensteuergesetz -EStG-. In den Folgejahren erklärten sie die Einkünfte aus der Vermietung der entnommenen Grundstücke als private Vermietungseinkünfte des Klägers zu 1.
Der Beklagte folgte zunächst in dem Einkommensteuerbescheid 1994 vom 25.10.1996 den Angaben der Kläger. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abgabenordnung -AO-.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte der Beklagte fest, dass der Entnahmegewinn auf 1.170.706 DM zu erhöhen sei. Hinsichtlich der Höhe bestünde Einigkeit unter den Beteiligten. Weiterhin ...