Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsvermögen beim Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Flächen durch Erben bei Inanspruchnahme steuerlicher Vergünstigungen durch den Erblasser
Leitsatz (redaktionell)
Nach dem Erwerb verpachteter Grundstücke durch eine Erbengemeinschaft gehören diese zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen, wenn der Erblasser bei ihrem Erwerb stille Reserven gemäß §§ 6b, 6c EStG auf sie übertragen hat, die er zuvor bei der Veräußerung der von ihm selbst bewirtschafteten Flächen realisiert hatte. Die Erben sind nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an das damals vom Erblasser ausgeübte Wahlrecht gebunden.
Normenkette
EStG § 13 Abs. 1, §§ 6b, 6c; EStR Abschn. 139 Abs. 5
Streitjahr(e)
1990
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob verpachtete landwirtschaftliche Nutzflächen zum Privatvermögen der Erbengemeinschaft, bestehend aus den Klägerinnen, gehören oder zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen.
Dem vorliegenden Rechtsstreit war ein finanzgerichtliches Verfahren vor dem Niedersächsischen Finanzgerichts mit dem Az. VII 220/93 betreffend Einkommensteuer 1990 der Klägerin A und Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 1991 vorausgegangen. Mit Urteil vom 26.04.1994 wurde die Klage, soweit die Einkommensteuer betroffen war, abgewiesen (EFG 1994, 875). Mit Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 07.11.1996 (IV R 72/95) wurde das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts aufgehoben und an das Finanzgericht zurückverwiesen (zu den Gründen der Zurückverweisungsgründe weiter unten).
Der bereits vom Niedersächsischen Finanzgerichts im vorbezeichneten Urteil dargestellte Sachverhalt, der von den Beteiligten im vorliegenden Verfahren zusammenfassend vorgetragen wurde, zwischen den Beteiligten unstreitig ist und auch für das vorliegende Verfahren zugrunde zu legen ist, stellt sich wie folgt dar:
Der am 08.02.1990 verstorbene Ehemann der Klägerin A, der Landwirt B, bewirtschaftete bis zum Jahre 1978 einen Hof in C (Niedersachsen), der in seinem Alleineigentum stand. Nach erheblichen Flächenverkäufen in den Jahren 1971 bis 1978 belief sich die im Eigentum des B stehende landwirtschaftliche Nutzfläche auf nur noch 4,204 ha, davon waren 3,8358 ha verpachtet. Das Betriebsgebäude nebst dazugehörender Fläche wurde von den Eheleuten weitergenutzt. Es lag ein verpachteter landwirtschaftlicher Betrieb vor. B erwarb zusammen mit seiner Ehefrau mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 18.09.1979 einen landwirtschaftlichen Betrieb in D (Hessen), dessen Anschaffungskosten sich auf 840.881,41 DM beliefen. Dieser Betrieb wurde sogleich an den vormaligen Eigentümer verpachtet.
Die Klägerin A und ihr Ehemann gaben keine Einkommensteuererklärungen und auch keine Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung ab. Das Finanzamt E führte im Jahre 1981 in der Zeit vom 09.03. bis 18.03.1981 eine Betriebsprüfung (BP) bei der Klägerin A und ihrem Ehemann durch. Dabei erfolgte für die Wirtschaftsjahre ab 1974/75 erstmalig eine Gewinnermittlung nach § 13 a Einkommensteuergesetz (EStG). Aus den Grundstücksverkäufen des Jahres 1977 ergab sich ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.738 672,32 DM. In der Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 1979/80 wurde vom Betriebsprüfer des Finanzamtes im Einvernehmen mit der Klägerin A und ihrem Ehemann eine Rücklage in gleicher Höhe gebildet.
Von dieser Rücklage wurde ebenfalls einvernehmlich ein Teilbetrag in Höhe von 840.881,41 DM auf die Anschaffungskosten des mit Kaufvertrag vom 28.09.1979 von den Eheleuten je zur ideellen Hälfte erworbenen landwirtschaftlichen Betriebs in D übertragen. Die verbleibende Rücklage belief sich auf 897.790,81 DM.
Im BP-Bericht vom 30.03.1981 wurde Folgendes festgestellt: „Die gebildete Rücklage wird auf die Anschaffungskosten eines bereits erworbenen bzw. auf noch zu erwerbende Ersatzwirtschaftsgüter übertragen. Bei dem erworbenen Ersatzwirtschaftsgut handelt es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb, der insgesamt an den bisherigen Eigentümer verpachtet ist und als ruhender Land- und forstwirtschaftlicher Betrieb angesehen wird. Der Betrieb ist somit notwendiges Betriebsvermögen. Die verbleibende Rücklage kann ebenfalls auf einen noch zu erwerbenden ruhenden Betrieb übertragen werden bzw. bei Vorliegen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG auch auf verpachtete Einzelflächen (gewillkürtes Betriebsvermögen)”.
In der Anlage VIII zum BP-Bericht heißt es: „Übertragungs-Rücklage 6c EStG aus
Wj 78/79. Die Rücklage kann auf diesen Betrieb (in D) übertragen werden, da der Betrieb insgesamt an die bisherigen Eigentümer verpachtet ist. Der Betrieb kann/wird als ruhender land- und forstwirtschaftlicher Betrieb angesehen - siehe Abschn. 139 EStR”.
Ausweislich des BP-Berichts vom 30.03.1981 fand eine Schlussbesprechung statt, an der die Eheleute, deren steuerlicher Vertreter sowie ein Vertreter des Finanzam...