Entscheidungsstichwort (Thema)
Erste Tätigkeitsstätte eines Zeitsoldaten
Leitsatz (redaktionell)
- Die Angabe einer „voraussichtlichen Verwendungsdauer” in einer Versetzungsverfügung eines Zeitsoldaten stellt nicht zwingend eine zeitliche Begrenzung für die Tätigkeit an einem bestimmten Standort dar, sondern ist lediglich als Verweis auf die Versetzungsbefugnis des Dienstherrn zu verstehen.
- Die in der Einplanungsentscheidung in Bezug auf den Soldaten vorgenommene Bezeichnung des Standortes als Stammtruppenteil und der zugewiesene Dienstposten in dem Übersichtsbogen für die Aus-und Fortbildung stellen zusätzliche Indizien dar, die auf eine dauerhafte Zuordnung des Soldaten an dem Standort schließen lassen.
- Die Zuordnung eines Soldaten zu einem bestimmten Standort und die damit zusammenhängende Begründung einer ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen einer befristeten Tätigkeit schließt nicht aus, dass der Soldat nicht auch an Lehrgängen an anderen Standorten teilnehmen kann, ohne den Status des Standorts, dem er zugewiesen ist, als erste Tätigkeitsstelle zu verlieren.
- Fahrten von und zu den Lehrgängen sowie die Heimfahrten dazwischen stellen Dienstreisen dar, die nach den Grundsätzen für Reisekosten Berücksichtigung finden. Für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte greift nur die Entfernungspauschale für Pendlerkosten ein.
- Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, von denen er sich abwechselnd zu seiner ersten Tätigkeitsstätte begibt, können gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 S. 6 EStG Aufwendungen von der weiter entfernt liegenden Wohnung unabhängig von Entfernungs- und Angemessenheitsbegrenzungen sowie der Anzahl der wöchentlichen Fahrten nur berücksichtigt werden, wenn die Wohnung den örtlichen Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und somit zentraler Ausgangspunkt für alle beruflichen Aktivitäten ist.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 4, 1
Streitjahr(e)
2014, 2015, 2016, 2017
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten – mit Blick auf die Einordnung eines Bundeswehrstandortes als erste Tätigkeitstätte und den damit zusammenhängenden Ansatz der Entfernungspauschale statt der pauschalen Kilometervergütung für Reisekosten sowie mit Blick auf die Gestellung von Übernachtungsmöglichkeiten – über den Umfang der Abziehbarkeit von Werbungskosten, die dem Kläger durch seine Tätigkeit als Soldat entstanden sind.
Der Kläger erzielte in den Streitjahren ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Zeitsoldat. Er verpflichtete sich im Jahr 2014 als Soldat auf Zeit. Die Einplanungsentscheidung des Karrierecenters der Bundeswehr vom 10. April 2014 legte den Eintrittstermin in die Bundeswehr auf den 01. Oktober 2014 fest. Die angegebene Verpflichtungszeit betrug nach den Angaben in der Verpflichtungserklärung und der Einplanungsentscheidung acht Jahre (Bl. 258, 133 Prozessakte). Weiter sah die Einplanungsentscheidung eine Grundausbildung am Standort B-Stadt und eine vorgesehene Anschlussverwendung beim Stammtruppenteil in C-Stadt vor. Auch die Einberufung vom 10. April 2014 sah den Dienstantritt für den 1. Oktober 2014 in B-Stadt und die Anschlussverwendung in C-Stadt vor (Bl. 223 Prozessakte). Die Grundausbildung dauerte vom 1. Oktober 2014 bis zum 25. November 2014. Mit Verfügung vom 24. Oktober 2014 wurde der Kläger von B-Stadt nach C-Stadt mit Wirkung zum 01. Dezember 2014 versetzt (Bl. 134 Prozessakte). Als voraussichtliche Verwendungsdauer wurde in dieser Verfügung der 31. Dezember 2017 angegeben. Die vom Kläger genutzte Kaserne für den Fliegerhorst in C-Stadt lag im 13 km entfernten D-Stadt. Von C-Stadt aus, das in einer späteren Verfügung wegen einer geänderten Zufahrt zum Stützpunkt auch als E-Stadt bezeichnet wird, wurde er in der Folgezeit bis einschließlich 2017 zu verschiedenen Lehrgängen und zu einem Einsatz abgeordnet (Bl. 135 ff. Prozessakte). Es handelt sich um die Kommandierungen zu den Lehrgängen nach F-Stadt (05.01.-03.03.2015), G-Stadt (08.06.-31.07.2015), H-Stadt (27.10.-16.12.2015), I-Stadt (06.02.-24.02.2016) sowie um den Einsatz „XXX” (27.09.-18.11.2017). Wochenendheimfahrten von den Lehrgängen machte der Kläger als Reisekosten geltend. Daneben machte der Kläger für Fahrten mit seinem Kraftfahrzeug zwischen C-Stadt bzw. D-Stadt und seinen Wochenendaufenthalten bei seinen Eltern in J-Stadt (01.10.-25.11.2014, 26.11.-31.12.2014, 05.01.2015, 24.03.-07.06.2015, 01.08.-28.08.2015) sowie für tägliche Heimfahrten (teilweise über einen Mitfahrerparkplatz) zwischen einerseits C-Stadt und andererseits K-Stadt (05.10.-26.10.2015, 04.01.-15.01.2016, 14.05.-30.09.2016), L-Stadt (01.10-31.12.2016, 01.01.-05.02.2017, 25.02.-31.05.2017) und M-Stadt (01.06.-26.09.2017, 20.11.-31.12.2017) Fahrtkosten als Reisekosten geltend.
Die Gestellung der Gemeinschaftsunterkunft in den Kasernen in B-Stadt und danach in D-Stadt wurde für jeden Monat eines Jahres wegen einer Verpflichtung zur Gestellung einer Gemeinschaftsunterkunft für Soldaten bis zum 25. Lebensjahr...