Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Umsatzsteuerbefreiung für Hippotherapie
Leitsatz (redaktionell)
Hippotherapie ist weder eine krankengymnastische Tätigkeit noch eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin; sie ist nicht von der Umsatzsteuer befreit.
Normenkette
6. EG-Richtlinie Art. 13 Teil A; UStG § 4 Nrn. 14, 16
Streitjahr(e)
1999, 2000
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betreibt seit 1992 ein Zentrum für therapeutisches Reiten (Hippotherapie). Etwa 90 % der Umsatzerlöse entfallen auf das therapeutische Reiten. Die restlichen Umsatzerlöse entfallen auf Voltigierunterricht für Kinder und Reitunterricht für Erwachsene.
Streitig ist, ob die in den Jahren 1999 und 2000 durch Hippotherapie erbrachten Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind oder ob sie nach § 4 Nr.14 bzw. nach § 4 Nr.16 lit. c UStG von der Umsatzsteuer befreit sind.
Die Klägerin ist von Beruf Diplom-Pädagogin mit dem Schwerpunkt Rehabilitationspädagogik. Die hippotherapeutische Behandlung in ihrem Reitzentrum wird nicht von ihr selbst, sondern von angestellten Krankengymnastinnen mit hippotherapeutischer Zusatzausbildung durchgeführt. Die hippotherapeutische Ausbildung der Krankengymnastinnen erfolgte nach den Richtlinien des Deutschen Kuratoriums für Therapeutisches Reiten e.V., einem gemeinnützigen Verein. Dieser Verein hat das Unternehmen der Klägerin seit 1994 als Einrichtung für das Therapeutische Reiten anerkannt und überprüft es seit dem fortlaufend.
In Einzelfällen erfolgt die Abrechnung der hippotherapeutischen Behandlungen direkt mit den Krankenkassen (Insoweit wird auf die von der Klägerin dazu vorgelegten Bescheinigungen, Bl.11-13, verwiesen).
Zum weitaus überwiegenden Teil ist die Klägerin für Kliniken tätig. Die Zuweisung und Überwachung der Patienten an die Klägerin erfolgt durch die behandelnden Ärzte der Kliniken mit individueller Indikation, und die Klägerin erstellt einen Rückmeldebogen über die Behandlung für die Patientenakte der Klinik. Die Mitarbeiter der Klägerin nehmen an wöchentlichen Patientenkonferenzen der Kliniken teil und berichten dort über die Therapieverläufe. Im Wesentlichen wird die Klägerin dabei im Rahmen von Rehabilitations- und Vorsorgemaßnahmen tätig, deren Kostenträger überwiegend Sozialversicherungsträger der Renten- und Unfallversicherung sind.
Die Klägerin rechnet ihre Leistungen mit den Kliniken nach für Krankengymnastik geltenden Pauschalsätzen ab und die Kliniken rechnen ihrerseits mit den Kostenträgern der Sozialversicherung, mit denen sie entsprechende Versorgungsverträge abgeschlossen haben, nach Pauschalbeträgen ab.
Die Klägerin hat zwei tabellarische Übersichten vorgelegt: Aus der einen sind die nach Monaten gegliederten Umsätze nebst Umsatzsteuer ersichtlich, die die Klägerin im Auftrag der einzelnen Kliniken in den Streitjahren ausgeführt hat, und aus der anderen ist zu ersehen, von welchen Kostenträgern die Leistungen durch die vergüteten Pflegesatzpauschalen letztlich bezahlt wurden. (Wegen ihres Inhalts im Einzelnen wird auf die als Blatt 113-118 zu den Akten genommenen Übersichten verwiesen.)
In ihren Umsatzsteuererklärungen der Jahre 1994-1998 unterwarf die Klägerin noch sämtliche Umsätze ihres Reitzentrums der Umsatzsteuer. Dagegen machte die Klägerin in ihren Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre nunmehr die Steuerfreiheit der auf das therapeutische Reiten entfallenden Umsätze geltend. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) folgte dem nicht und unterwarf weiterhin auch die auf das therapeutische Reiten entfallenden Umsätze der Umsatzsteuer. Im Verlauf des Einspruchverfahrens erließ das FA die Umsatzsteueränderungsbescheide vom 28.3.2002, die den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilden. Die Einsprüche wurden als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf Steuerfreiheit der von ihr durch therapeutisches Reiten erzielten Umsätze weiter. Sie ist der Ansicht, diese Leistungen seien nach § 4 Nr.14 UStG bzw. nach § 4 Nr.16 lit. c UStG als aus „arztähnlicher Tätigkeit” bzw. als mit dem Betrieb von „Einrichtungen ärztlicher Heilbehandlung” „eng verbundene Umsätze” von der Umsatzsteuerpflicht ausgenommen.
Die Hippotherapie sei eine arztähnliche Tätigkeit, weil sie von Krankengymnastinnen ausgeübt wird und weil die Anerkennung sowohl des Betriebs als auch der hippotherapeutischen Zusatzausbildung der Krankengymnastinnen durch das Deutsche Kuratorium für Therapeutisches Reiten e.V. die berufsrechtliche Regelung der Tätigkeit gewährleiste. Die Hippotherapie sei eine besondere Form der Krankengymnastik. Die der Klägerin vom Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten e.V. erteilte Zulassung sei zudem mit einer förmlichen Kassenzulassung vergleichbar.
Das FA habe bei seiner ablehnenden Entscheidung verkannt, dass im Falle der Klägerin eine regelmäßige Erstattung der durch die Hippotherapie entstandenen Kosten durch Sozialversicherungsträger erfolgt.
Dass die Hippotherapie nicht zu den verordnungsfähigen...