rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufrechnung mit Steuererstattungsansprüchen im Restschuldbefreiungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Im Restschuldbefreiungsverfahren ist das Finanzamt berechtigt mit Steuererstattungsansprüchen des Steuerpflichtigen aufzurechnen.
Normenkette
AO §§ 226, 47; InsO §§ 287, 294
Streitjahr(e)
2002
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte gegenüber einem Erstattungsanspruch des Klägers zur Aufrechnung befugt war.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren gegen den Kläger beim AG A , Geschäftsnummer xxx, wurde nach der vollzogenen Schlussverteilung mit Beschluss vom xx.03.2003 aufgehoben. Mit Beschluss vom xx.06.2002 hat das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung für den Kläger angekündigt und die Wohlverhaltensperiode auf 5 Jahre festgelegt sowie zugleich eine Treuhänderin bestimmt.
Das Finanzamt xxx (FA), der Beklagte, veranlagte den Kläger und seine Ehefrau für 2002 gemeinsam zur Einkommensteuer. Aus der Veranlagung resultierte ein Guthaben von xxx EUR aus überzahlter Lohnsteuer. Dagegen rechnete das FA am xx.07.2003 mit Umsatzsteuerrückständen des Klägers beim FA B auf. Auf entsprechende Einwände des Klägers erließ das FA am xx.08.2003 einen Aufteilungs- und Abrechnungsbescheid. In Höhe des auf den Kläger entfallenden, anteiligen Erstattungsanspruchs erklärte das FA wiederum die Aufrechnung mit den Umsatzsteuerforderungen des FA B. Mit seinem Einspruch vom xx.09.2003 gegen den Abrechnungsbescheid wandte sich der Kläger gegen die Aufrechnung: Das FA sei Insolvenzgläubiger, da die Umsatzsteuerforderungen, mit denen aufgerechnet worden sei, im Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldet worden seien. Für Insolvenzgläubiger gelte während der Wohlverhaltensperiode des Insolvenzschuldners gemäß § 294 Insolvenzordnung (InsO) ein allgemeines Vollstreckungsverbot, das auch zu einem Aufrechnungsverbot führe. Der Bescheid sei aufzuheben und der Erstattungsbetrag an den Kläger auszuzahlen. Den Einspruch wies das FA unter Hinweis auf eine Entscheidung des LG Koblenz als unbegründet zurück. Das FA sei nicht an der Aufrechnung gegen den Erstattungsanspruch gehindert gewesen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage unter Hinweis auf die gegenteilige Rechtsauffassung, die von anderen Gerichten und in der Literatur vertreten werde. Die Aufrechnung sei unzulässig. Der Erstattungsanspruch stehe ihm zu und nicht etwa der Treuhänderin. Der Anspruch habe nicht zur Insolvenzmasse gehört; im Übrigen habe der Kläger mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens am xx.03.2003 seine Verfügungsgewalt wieder erlangt. Wegen weitere Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom xx.xx.2004 Bezug (Bl. 1 ff. FG-Akten) genommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Abrechnungsbescheid vom xx.08.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx.06.2004 dahingehend zu ändern, dass ein Erstattungsbetrag über Einkommensteuer 2002 und Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 2002 in Höhe von insgesamt xxxx EUR zu Gunsten des Klägers ausgewiesen wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte erachtet die Aufrechnung für zulässig und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Beschluss des LG Koblenz vom 13.06.2000 2 T 162/00.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Dem Gericht lag ein Hefter Verwaltungsakten betreffend Aufrechnung vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Das Gericht legt den ursprünglichen Klageantrag zu Gunsten des Klägers und in Absprache mit dem Klägervertreter (Telefonat vom 22.11.2004, Bl. 35 FG-Akten) als Antrag auf Anfechtung des Abrechnungsbescheides aus.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Erstattungsanspruch des Klägers ist durch die wirksame Aufrechnung des Beklagten erloschen, § 47 Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 226 AO. Der Aufrechnung stehen insbesondere nicht die Regelungen der Insolvenzordnung (InsO) zur Restschuldbefreiung, §§ 286 ff. InsO, entgegen.
So ist eine Aufrechnung nicht bereits nach §§ 226 Abs. 1 AO, 387 BGB mangels Gegenseitigkeit ausgeschlossen, weil der Steuererstattungsanspruch in der sog. Wohlverhaltensphase bei der Restschuldbefreiung nicht dem Steuerpflichtigen, sondern nach § 287 Abs. 2 S. 1 InsO dem Treuhänder zusteht. Eine (Minder-)Meinung vertritt zwar einen weitgefassten Begriff der Bezüge i. S. des § 287 Abs. 2 InsO: Danach genügt bereits, dass es sich um eine einmalige Zahlung im Zusammenhang mit einer Arbeitstätigkeit des Insolvenzschuldners handelt; dies sei auch bei einem Steuererstattungsanspruch der Fall. Weiterhin stelle die Abtretung auch keinen Verstoß gegen § 46 Abs. 2 und 3 dar. § 46 AO finde nach Sinn und Zweck im Restschuldbefreiungsverfahren auf die Abtretung an den gerichtlich bestellten Treuhänder keine Anwendung (AG Gifhorn, Urteil vom 12.06.2001 2 C 1055/00 (VI), ZInsO 2001, 630 f.; Vallender, in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 2003, § 287 Rz. 31; Maus, Steuern im Insolvenzverfahren, 2004, Rz. 483 f.; Farr, BB 2003, 2324, 2326 f.).
Das Gericht hält...