vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [I R 2/18)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gestaltungsmissbrauch bei der Verschmelzung einer Gewinn- auf eine Verlustgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
- Die Verschmelzung einer Gewinn- auf eine Verlustgesellschaft stellt grundsätzlich keinen Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO dar.
- § 8c KStG und § 12 Abs. 3 UmwStG entfalten als Spezialvorschrift zu § 42 AO eine Abschirmwirkung im Hinblick auf die missbräuchliche Nutzung von Verlusten in Umwandlungsfällen.
- Bei modellhaften Gestaltungen aufgrund derer auf Ebene von Finanzdienstleistungsinstituten durch das bewusste Stehenlassen von Swaps trotz Erreichen des wirtschaftlichen Sicherungszwecks Gewinnvorratsgesellschaften generiert werden, sprechen auf dieser Ebene beachtliche Gründe für einen Gestaltungsmissbrauch.
Normenkette
UmwStG § 12 Abs. 3; KStG § 8c Abs. 1; UmwStG § 4 Abs. 2 S. 2, § 2 Abs. 1; AO § 42
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines unstreitigen Sachverhaltes darüber, ob die Verschmelzung einer Gewinngesellschaft auf eine Verlustgesellschaft im konkreten Fall einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO darstellt.
Die Klägerin ist die A GmbH, die noch bis ins Jahr 2017 als A AG firmierte, die wiederum durch formwechselnde Umwandlung der A GmbH im Jahr 2010 entstand (Bl. 91, 92, 209). Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und der Vertrieb von xxmitteln, insbesondere von xxx, von Teilen, Bestandteilen und Zubehör von xxx, von xxx und ähnlichen xxx Vorrichtungen, von für xxx Einrichtungen, von Erzeugnissen ähnlicher Art sowie der Abschluss solcher Geschäfte, die in unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit dem Gegenstand des Unternehmens stehen (Bl. 92). Im streiterheblichen Zeitraum gehörte die Klägerin zum Konzern von B (B). Obergesellschaft der Klägerin war die B Corporate (B Corp.), die zum 1. Juni 2009 in Insolvenz fiel.
Die Klägerin befand sich Ende 2008 in Liquiditätsschwierigkeiten. Es drohte die Insolvenz. Übliche Quellen wie Finanzspritzen der Gesellschafter oder Kredite durch Banken kamen zur Liquiditätsverstärkung nicht in Betracht. Die C AG (C) bot der Klägerin zum Zwecke der Finanzierung an, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der C, die D GmbH (D) zu erwerben.
Die D erzielte in den Jahren 2008 und 2009 Gewinne aus Finanzgeschäften. Im Einzelnen:
Auf die D war bereits im Jahr 2007 die E GmbH (E) verschmolzen worden, deren wirtschaftliche Betätigung in der Ausleihung von x Mio. € an eine ausländische Tochtergesellschaft der C bestand (Bl. 134).
Die Mittel dazu stammten aus einem partiarischen Darlehen, das zwischen der E und der C vereinbart wurde. Darüber hinaus gehörten zum Vermögen der E – mit der C abgeschlossene – Swaps, die als Sicherungsgeschäfte für das Darlehen fungierten und mit diesem bis zum 31. Dezember 2005 eine Bewertungseinheit bildeten. Das Grundgeschäft, das mit den Swaps abgesichert war, endete im Juli 2007. Dennoch wurden die Sicherungsgeschäfte in unveränderter Form fortgeführt. Sie wurden in den handelsrechtlichen Abschlüssen als Drohverlustrückstellungen ausgewiesen. Durch die teilweise Auflösung der Drohverlustrückstellungen und durch laufende Zinsüberschüsse entstand für das Jahr 2008 ein handelsrechtlicher Gewinn von x Mio. €. Mit Gesellschafterbeschluss vom 29. Januar 2009 wurde dieser an die C ausgeschüttet. Im Januar 2009 wurde wegen der günstigen Entwicklung der Swaps aus sämtlichen Sicherungs- und Finanzgeschäften ein handelsrechtlicher Gewinn von x Mio. € realisiert, der am 17. Februar 2009 in Form einer Vorabausschüttung an die C ausgekehrt wurde.
Die D hielt Anfang 2009 keine Geschäftsanteile, Beteiligungen oder stille Beteiligungen an einer anderen juristischen Person, Personengesellschaft oder einem Joint Venture. Unternehmensverträge im Sinne des §§ 291 f. AktG bestanden nicht. Die D beschäftigte auch keine Arbeitnehmer.
Das Vermögen der D bestand nach der Vorabausschüttung vom 17. Februar 2009 laut Bilanz vom 23. Februar 2009 im Wesentlichen aus liquiden Mitteln in Form von Bankguthaben sowie Steuererstattungsansprüchen von x Mio. €, wovon x Mio. € auf Forderungen gegen Kreditinstitute und x Mio. € auf sonstige werthaltige Forderungen entfielen. Die Steuerrückstellungen beliefen sich auf etwa x Mio. €. Das Eigenkapital belief sich auf etwa x Mio. €. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bilanz vom 23. Februar 2009 Bezug genommen (Bl. 57).
Die C veräußerte mit notariellem Vertrag vom 23. Februar 2009 ihre gesamten Anteile an der D an die Klägerin. Der Kaufpreis betrug x Mio. €. Der von der C erzielte Veräußerungsgewinn blieb nach § 8b KStG steuerfrei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag vom 23. Februar 2009 Bezug genommen (Bl. 58 ff.).
Mit Verschmelzungsvertrag vom 24. Februar 2009 wurde die D auf die Klägerin verschmolzen. Die Verschmelzung erfolgte rückwirkend auf den 1. Juli ...