Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch bei Unterbrechung eines gemeinsamen Haushaltes der Eltern
Leitsatz (redaktionell)
- Ändert sich das Obhutsverhältnis in der Weise, dass das Kind, das in einem gemeinsamen Haushalt mehrere Berechtigter gelebt hat, nur noch im Haushalt eines Berechtigten lebt, und entfällt damit die Gleichrangigkeit der Berechtigten, wird die Bestimmung des gemeinsamen Berechtigten nach § 64 Abs. 2 S. 2 EStG gegenstandslos.
- Ein im Rahmen eines Versöhnungsversuches begründeter neuer gemeinsamer Haushalt der Eltern lässt die ursprüngliche Berechtigtenbestimmung wieder aufleben, sofern keine neue Berechtigtenbestimmung getroffen wurde.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 1, 2 S. 1
Streitjahr(e)
2008, 2009
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger für das Kind E für den Zeitraum Mai bis Dezember 2008 zu Recht Kindergeld bezogen hat.
Der Kläger hatte am 4.4.2005 für E., geb. 18.3.2005, unter der Adresse „A „ Kindergeld beantragt. Als Bankverbindung wurde das Konto Nr. 000000 des Klägers bei der X Bank angegeben. Der Antrag wurde von der Kindesmutter und damaligen Ehefrau des Klägers (der Beigeladenen B) mitunterzeichnet. Nachdem der Kläger im Jahr 2006 vom Zuständigkeitsbereich der Familienkasse C in den der Familienkasse D verzogen war , wurde das Kindergeld auf das Konto 111111 bei der Sparkasse Z überwiesen.
Mit Schreiben vom 5.2.2009 bzw. 25.3.2009 teilte die Familienkasse Y der Familienkasse D mit, dass die Kindesmutter bei ihr am 13.1.2009 einen Kindergeldantrag für E. gestellt und zur Begründung angegeben habe, dass die Eltern seit dem 29.12.2008 getrennt lebten und das Kind seither in ihrem Haushalt lebe. Daraufhin hob die Familienkasse D mit Bescheid vom 30.7.2009 die zugunsten des Klägers erfolgte Kindergeldfestsetzung ab Januar 2009 auf der Grundlage von § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf, weil das Kind in den Haushalt der Mutter aufgenommen worden sei und diese einen vorrangigen Anspruch auf Kindergeld besitze. Ferner wurde das an den Kläger für die Monate Januar und Februar 2009 geleistete Kindergeld gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zurückgefordert. Hiergegen wurde vom Kläger eingewendet, dass das Kindergeld auf das Konto der Kindesmutter gegangen sei und er seit November 2008 keinen Zugriff auf das der Familienkasse bekannte Konto habe. Nach seinem Auszug im Dezember 2009 habe die Kindesmutter das Konto auflösen sollen.
Mit Schreiben vom 20.9.2010 informierte die Familienkasse Y die Familienkasse D, dass die Kindesmutter für E. Kindergeld für den Zeitraum April 2008 bis Oktober 2008 mit der Begründung beantragt habe, dass sich die Eltern bereits am 24.4.2008 getrennt hätten und das Kind in diesem Zeitraum bei ihr gelebt habe.
Mit Bescheid vom 11.11.2010 forderte die nunmehr zuständige Familienkasse G vom Kläger unter Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab Mai 2008 das an diesen für den Zeitraum Mai bis Dezember 2008 geleistete Kindergeld zurück, da die Mutter das Kind in ihren Haushalt aufgenommen habe und somit vorrangig anspruchsberechtigt sei (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Mit dem hiergegen erhobenen Rechtsbehelf machte der Kläger u. a. geltend, dass im Zeitraum Mai bis Dezember 2008 das Kindergeld auf ein Konto seiner Ehefrau bei der Sparkasse Z gezahlt worden sei. Diese habe das Geld auch vereinnahmt.
Auf telefonische Rückfrage der Familienkasse G teilte die Familienkasse D mit, dass unter Berücksichtigung der normalen Verfahrensabläufe die geänderte Kontonummer der Sparkasse Z vom Kläger in 2006 telefonisch bekanntgegeben worden sei (vgl. dazu den Aktenvermerk vom 14.4.2011, Bl. 69 Rückseite der Kindergeldakte).
Durch Einspruchsentscheidung vom 14.4.2011 wurde der Rechtsbehelf des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Dazu wird ausgeführt, dass E. im Streitzeitraum nicht in dessen Haushalt aufgenommen war.
Mit der vorliegenden Klage vertritt der Kläger die Ansicht, dass er nicht verpflichtet sei, dass Kindergeld zurückzuzahlen. Das angegebene Konto sei dasjenige, das der Kindesmutter gehört habe. Damit sei das Kindergeld auch an die Kindesmutter gezahlt worden. Dass er die Kontonummer seiner Ehefrau angegeben habe, könne nicht dazu führen, dass er als Empfänger des Kindergeldes haftbar gemacht werde. Seine Ehefrau habe sich im April 2008 nach H abgemeldet, aber schon einige Monate vorher nicht mehr im gemeinsamen Haushalt gelebt. Bereits zu dieser Zeit sei das Kindergeld auf ihr Konto geflossen. Diese Zahlungen hätten sich weiter fortgesetzt, auch als er und seine Ehefrau ab Oktober 2008 in der gemeinsamen Wohnung angemeldet gewesen waren. Hätte die Familienkasse ordentlich ermittelt, wäre ihr nicht verborgen geblieben, dass die Zahlungen auf das Konto seiner Ehefrau gegangen sind. Wenn die Familienkasse davon ausgehe, er habe an dem Konto seiner Ehefrau partizipiert, so wäre dies ein rein zivil- und familiengerichtlich zu entscheidender Fall einer Auseinandersetzung über...