Rz. 1588
Gemäß § 291 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. AktG analog unterstellt eine GmbH die Leitung ihrer Gesellschaft bei einem Beherrschungsvertrag einem anderen Unternehmen. Aufgrund des Vertrages ist die Obergesellschaft gem. § 308 Abs. 1 Satz 1 AktG analog berechtigt, der Geschäftsführung der Gesellschaft hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft Weisungen zu erteilen (Weisungsrecht). Durch einen Beherrschungsvertrag kann insbesondere eine organisatorische Eingliederung nachgewiesen werden, die eine von drei Bedingungen zur Anerkennung einer umsatzsteuerlichen Organschaft (§ 2 Abs. 2 UStG) ist.
Rz. 1589
Sofern bei einem Beherrschungsvertrag eine GmbH eine AG beherrscht und "außenstehende Aktionäre" vorhanden sind, d. h. Aktionäre, die weder den Unternehmensvertrag abschließen noch auf sonstige Weise an den Vorteilen aus dem Vertrag unmittelbar oder mittelbar in irgendeiner Weise teilhaben, so muss der Beherrschungsvertrag gem. §§ 291 Abs. 1, 304 f. AktG folgende Merkmale (Mindestinhalt) aufweisen:
- die Begründung des Herrschaftsverhältnisses (§§ 291 Abs. 1, 308 AktG),
- einen angemessenen Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre (§ 304 AktG) und
- eine angemessene Abfindung für die außenstehenden Aktionäre (§ 305 AktG).
Rz. 1590
Die §§ 304, 305 AktG sehen zur Sicherung außenstehender Aktionäre der abhängigen AG Ausgleichs- und Abfindungsansprüche vor, welche im Unternehmensvertrag garantiert werden müssen. Unmittelbare Anwendung finden die §§ 304, 305 AktG im GmbH-Recht jedenfalls dann, wenn die GmbH als herrschendes Unternehmen gegenüber einer AG oder einer KGaA auftritt.
Rz. 1591
Fraglich ist, ob entsprechende Regelungen ebenfalls notwendig sind, sofern eine GmbH als abhängige Gesellschaft am Vertragsschluss beteiligt ist. In diesem Zusammenhang sind ebenfalls die für einen Zustimmungsbeschluss notwendigen Mehrheiten der Gesellschafter zu beachten.
Rz. 1592
Nimmt man – wie hier vertreten – an, dass ein einstimmiger Zustimmungsbeschluss zum Unternehmensvertrag notwendig ist, so erübrigt sich, ebenso wie bei der Frage nach der Anwendung der §§ 293ff. AktG die Erforderlichkeit einer analogen Anwendung. Auch hier können die Gesellschafter ihre Zustimmung von der Aufnahme entsprechender Regelungen in den Vertrag abhängig machen. Es bedarf somit keines entsprechenden Schutzes analog der §§ 304, 305 AktG. Bis zur endgültigen Klarstellung durch den BGH sollte aber in der Praxis vorsorglich ein Abfindungsangebot vereinbart werden.
Rz. 1593
Ist hingegen eine Mehrheitsklausel in der Satzung vorhanden und gibt es keinen einstimmigen Zustimmungsbeschluss, so ist eine analoge Anwendung der §§ 304, 305 AktG geboten. Insbesondere kann ein entsprechender Inhalt – anders als bei der Frage nach der Anwendung von §§ 293ff. AktG – nicht aus GmbH-spezifischen Normen hergeleitet werden, sodass diesbezüglich von einer Vertragslücke auszugehen ist, die durch analoge Anwendung der §§ 304, 305 AktG zu schließen ist. In diesem Fall ist der Beherrschungsvertrag mit einer abhängigen GmbH notariell zu beurkunden, da das Angebot auf Erwerb eines Geschäftsanteils den Formvorschriften des § 15 Abs. 4 GmbHG bedarf. Insbesondere stellt das Austrittsrecht aus wichtigem Grund keine ausreichende Sicherung dar, denn dieses begründet lediglich einen Ausgleichsanspruch gegen die abhängige, nicht jedoch gegen die herrschende Gesellschaft.
Rz. 1594
Erforderlicher Inhalt eines Beherrschungsvertrages ist somit generell die Statuierung der Begründung des Herrschaftsverhältnisses gem. §§ 291 Abs. 1, 308 AktG analog, während Ausgleichs- und Abfindungsregelungen entsprechend den §§ 304, 305 AktG nur in den genannten Fällen aufgenommen werden müssen.
Beispiel für einen Beherrschungsvertrag:
2.4.1 Sicherung der Gesellschafter im Vertrag
2.4.1.1 Angemessener Ausgleich im Fall einer satzungsmäßigen Mehrheitsklausel
Rz. 1595
Gemäß § 304 Abs. 1 Satz 2 AktG analog muss ein Beherrschungsvertrag den außenstehenden Gesellschaftern einen bestimmten jährlichen Gewinnanteil als angemessenen Ausgleich garantieren, wenn eine Mehrheitsklausel in der Satzung vorhanden ist und kein einstimmiger Zustimmungsbeschluss gefasst wird.
Rz. 1596
Als Ausgleich kann entsprechend § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG ein bestimmter Geldbetrag pro Geschäftsanteil festgelegt werden (fester Ausgleich). Der Ausgleich muss mindestens dem Gewinnanteil entsprechen, der voraussichtlich in den nächsten Jahren durchschnittlich auf den einzelnen Gesellschafter verteilt werden könnte; dabei sind die bisherige Ertragslage und die zukünftigen Ertra...