Leitsatz
Die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einem unbebauten Grundstück auf eine GmbH, an der der zivilrechtliche Grundstückseigentümer nicht beteiligt ist, sowie die Veräußerung des von der GmbH bebauten Grundstücks in Form von Wohn- und Teileigentum im Namen des Grundstückseigentümers, jedoch auf Rechnung der GmbH, führt nicht zu einem gewerblichen Grundstückshandel in der Person des Grundstückseigentümers.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige hatte 1992 von der Stadt ein Grundstück für ca. 251.000 DM unter der Auflage erworben, es nicht vor Abschluss der Bebauung mit einem Wohn- und Geschäftshaus an Dritte zu veräußern; andernfalls hatte die Stadt ein Wiederkaufrecht. Er schloss mit einer GmbH, an der er nicht beteiligt war, einen Vertrag, wonach sich die GmbH verpflichtete, das Gebäude auf eigene Rechnung zu errichten, Wohn- und Teileigentum zu bilden und auf eigene Rechnung an Dritte zu veräußern. Der Steuerpflichtige sagte seinerseits zu, das Grundstück weder zu veräußern noch zu belasten, andernfalls drohte die unentgeltliche Übereignung auf die GmbH, die sich diesen Anspruch per Vormerkung sicherte. Die GmbH war von den Beschränkungen für In-sich-Geschäfte nach § 181 BGB befreit und verfügte über eine unwiderrufliche Generalvollmacht, um den Verkauf der Einheiten auf eigene Rechnung durchführen zu können. Sie veräußerte zwölf der errichteten Eigentumswohnungen. Als Entschädigung für seine Tätigkeiten und Aufwendungen erhielt der Steuerpflichtige 1996 einen Betrag von 430.000 DM, den das Finanzamt als Einnahme aus einem gewerblichen Grundstückshandel einstufte. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision wurde nicht eingelegt.
Entscheidung
Der gewerbliche Grundstückshandel scheiterte am wirtschaftlichen Eigentum der GmbH an dem Grundstück. Die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums selbst bedeutete keine gewerbliche Tätigkeit, da allein durch diesen Vorgang die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb nicht überschritten wurde. Das Zurverfügungstellen des Grundstücks selbst ist keine gewerbliche Tätigkeit, da damit weder Unternehmerinitiative noch -risiko verbunden ist.
Letzteres ergibt sich bereits aus den im Sachverhalt dargestellten vertraglichen Vereinbarungen zwischen GmbH und Grundstückseigentümer, die zugleich ausreichten, um das wirtschaftliche Eigentum am Grundstück übergehen zu lassen. Hierfür sprach zunächst der Übergang der Grundstückssubstanz, insbesondere die Nutzungsvereinbarung, die Generalvollmacht zugunsten der GmbH sowie deren rechtliche Position, die es erlaubte, den Grundstückseigentümer von der Nutzung auszuschließen. Auch das Ertragsrecht war auf die GmbH übergegangen, da sie das Gebäude auf eigene Rechnung verwerten konnte. Der Grundstückseigentümer wirkte an der Veräußerung lediglich noch aus formalen - zivilrechtlichen - Gründen mit.
Schließlich lag kein Scheingeschäft und kein Gestaltungsmissbrauch vor. Ersteres scheiterte daran, dass an der GmbH weder der Grundstückseigentümer noch ihm nahestehende Personen, sondern fremde Ditte beteiligt waren. Gegen einen Gestaltungsmissbrauch sprachen die besonderen Umstände des Falls: Die GmbH wurde nicht nur formal eingeschaltet, um Wertsteigerungen zu verlagern, sondern war notwendig, weil das zivilrechtliche Eigentum an dem Grundstück vor Bebauung nicht übertragen werden konnte, ohne den Rückfall des Grundstücks an die Stadt zu riskieren.
Hinweis
Ein Scheingeschäft oder ein Gestaltungsmissbrauch kann gemäß BFH-Rechtsprechung vorliegen, wenn eine allein aus nahestehenden Personen gebildete GmbH in einen gewerblichen Grundstückshandel zwischengeschaltet wird und die von der GmbH für den Kauf des Grundstücks aufgewendeten Mittel zum Großteil vom Veräußerer stammen oder aus dem Erlös für den Weiterverkauf der Wohnungen oder Gebäude aufgebracht werden müssen (BFH, Urteil v. 17.6.1998, X R 68/95, BStBl 1998 II, S 667, BFH/NV 1999, S. 115). Gleiches gilt, wenn die zwischengeschaltete GmbH nur zwecks Kauf und Weiterverkauf von Grundstücken gegründet wurde und ihr infolge eines hohen Kaufpreises von vornherein nur ein Verlust oder ein unerheblicher Gewinn aus dem Weiterverkauf bleibt.
Auf der anderen Seite können bei vorstehender Konstellation auch wirtschaftliche Gründe für die Einschaltung einer GmbH unter Beteiligung des Grundstückeigentümers sprechen, etwa die Beschränkung der Haftung bei einem Bauprojekt in der vorliegenden Größenordnung oder die Beteiligung weiterer Personen aus Finanzierungsgründen. Dann wird es auf das Gesamtbild der Verhältnisse bei dem betreffenden Steuerpflichtigen ankommen.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 15.01.2003, 1 K 5296/00 F