Leitsatz
Das BMF ist zur Stellung eines Antrags auf mündliche Verhandlung gegen einen Gerichtsbescheid nicht berechtigt.
Normenkette
§ 121 Satz 1, § 122, § 90a Abs. 2 Satz 1 FGO
Sachverhalt
In einem Revisionsverfahren war streitig, ob der klagenden KG eine Gewinnminderung aus der Vornahme von Abschreibungen auf einen Bodenschatz zustanden. Das FG hatte die Klage abgewiesen, weil der Bodenschatz eingelegt und nicht gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht worden sei und bei Einlagen keine AfS vorgenommen werden dürften. Der BFH wies die Revision der KG mit einem Gerichtsbescheid zurück, in dem er die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten unter Abweichung von einem BMF-Schreiben verneinte (s. dazu die Erläuterungen zu BFH, Urteil vom 29.7.2015, IV R 15/14, BFH/PR 2016, 95, BFH/NV 2016, 453). Weder Kläger noch FA stellten anschließend einen Antrag auf mündliche Verhandlung.
Das BMF erklärte allerdings nach Ergehen des Gerichtsbescheids seinen Beitritt zum Verfahren und beantragte eine mündliche Verhandlung.
Entscheidung
Der BFH lehnte den Antrag des BMF als unzulässig ab. Selbst wenn sich das BMF wirksam an einem Revisionsverfahren beteiligt habe, könne es über dieses nicht disponieren.
Hinweis
1. Mit der Entscheidung setzt der BFH seine Rechtsprechung fort, nach der sich das Recht des BMF zur Beteiligung an einem Revisionsverfahren (§ 122 Abs. 2 FGO) nicht auf die Disposition über das Ende des Verfahrens erstreckt. In der Vergangenheit hatte der BFH bereits entschieden, dass das BMF eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht verhindern kann, wenn Kläger und FA auf mündliche Verhandlung verzichtet haben, und dass das BMF keine Möglichkeit hat, die Beendigung des Verfahrens durch übereinstimmende Erledigungserklärung von Kläger und FA zu verhindern. Mit der jetzigen Entscheidung stellt der BFH klar, dass nicht nur ein vor der Entscheidung des BFH erklärter Verzicht auf mündliche Verhandlung, sondern auch der Verzicht auf die Beantragung einer mündlichen Verhandlung nach Ergehen eines Gerichtsbescheids für das BMF bindend seien.
2. Die Behandlung des BMF als Verfahrensbeteiligten mit eingeschränkten Rechten beeinträchtigt nicht die Artikulierung von Argumenten der Finanzverwaltung. Die Geltendmachung fiskalischer Ansprüche obliegt dem beklagten FA, das als Hauptbeteiligter des Revisionsverfahrens alle prozessualen Rechte wahrnehmen kann. Soweit dies verwaltungsintern vorgesehen ist, kann das BMF dem FA insoweit auch Weisungen erteilen, wie etwa die Weisung, eine mündliche Verhandlung zu beantragen. Eine solche Weisungsbefugnis geht allerdings dann ins Leere, wenn das FA im Revisionsverfahren Erfolg hat. Denn derjenige, dessen Antrag mit dem Gerichtsbescheid in vollem Umfang Erfolg gehabt hat, hat wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (BFH, Urteil vom 27.3.2013, IV R 51/10, BFH/NV 2013, 1110).
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 16.12.2015 – IV R 15/14