Leitsatz
Einkünfte aus typisch stillen Beteiligungen werden nach Abschn. 11 S. 2 des Schlussprotokolls zu den Art. 5, 7 und 13 DBA Luxemburg als Dividenden (Art. 13 DBA Luxemburg) behandelt. Unbeschadet dessen werden die Einkünfte einer in Deutschland ansässigen GmbH aus der typisch stillen Beteiligung an einer Luxemburger Kapitalgesellschaft nicht nach Art. 20 Abs. 2 S. 3 DBA Luxemburg von der Bemessungsgrundlage für die deutsche Steuer ausgenommen.
Normenkette
Art. 13, Art. 14, Art. 20 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3 DBA-Luxemburg
Sachverhalt
Eine GmbH war zu 48 % der Anteile direkt und zusätzlich als stille Gesellschafterin mit einer Einlage von 100 Mio. DM an einer Kapitalgesellschaft luxemburgischen Rechts mit Sitz und Geschäftsleitung in Luxemburg, der I-S.A., beteiligt. Den aus der stillen Beteiligung vereinnahmten Gewinnanteil, auf den in Luxemburg eine Quellensteuer i.H.v. 10 % einbehalten worden war, behandelte die Klägerin als gem. Art. 20 Abs. 2 S. 3 DBA Luxemburg i.V.m. Abschn. 11 S. 2 der zu den Art. 5, 7 und 13 dieses Abkommens abgegebenen Erklärungen der Vertragsstaaten in dem Schlussprotokoll i.d.F. des Ergänzungsprotokolls vom 15.06.1973 (BGBl II 1978, 111) steuerfrei.
Das FA vertrat demgegenüber die Auffassung, der Gewinnanteil aus der Luxemburger stillen Gesellschaft sei nach Art. 20 Abs. 3 DBA Luxemburg in Deutschland unter Anrechnung der ausländischen Steuer gem. § 26 Abs. 6 S. 1 KStG i.V.m. § 34c Abs. 6 S. 2, Abs. 1 S. 2 und 3 EStG zu besteuern.
Die Klage gegen den hiernach ergangenen KSt-Bescheid hatte Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.07.2006, 6 K 164/04, Haufe-Index 1586532, EFG 2007, 167).
Entscheidung
Der BFH gab dem FA recht. Er räumte das sog. Schachtelprivileg nur für "echte" Dividenden ein, die aus einer entsprechend qualifizierten Kapitalbeteiligung "generiert" worden waren, nicht jedoch für die "stillen" Beteiligungsanteile. Dazu sah er sich aufgrund des DBA-Wortlauts in Art. 20 Abs. 2 DBA Luxemburg befugt, den er zwar eng, aber noch im Rahmen des Regelungstextes auslegte und verstand.
Hinweis
1. Es war(!) ein beliebtes Gestaltungs-Unterfangen:
Ein Inländer (oftmals eine Bank oder auch ein anderes Unternehmen) beteiligt sich mit einer Mindesteinlage von 25 % an einer ausländischen, vorzugsweise luxemburgischen Kapitalgesellschaft – und zugleich wird er deren stiller Gesellschafter. Eine solche "hybride" Beteiligung des Gesellschafters an "seiner" Kapitalgesellschaft ist prinzipiell zulässig und wird auch steuerlich akzeptiert.
Der "Charme" jener Beteiligungsgestaltung ist der, dass die Einkünfte aus der stillen Beteiligung bei der luxemburgischen Gesellschaft als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Zugleich werde sie aber aus Abkommenssicht nicht als Erträge einer (schuldrechtlichen) Forderung verstanden, sondern Dividendenerträgen fiktiv gleichgestellt.
2. Letzteres führt in Luxemburg zu einem Quellensteuerabzug, der seiner Höhe nach allerdings (sogar) "gedeckelt" wird: Infolge der direkten Kapitalbeteiligung von 25 % greift das sog. Quellensteuer-Schachtelprivileg des Art. 13 Abs. 4 DBA Luxemburg (mit der Konsequenz des auf 10 % abgesenkten Quellensteuersatzes), und dieses Privileg erstreckt sich infolge der abkommensrechtlichen Umqualifizierung in Dividenden dann womöglich auch auf die Einkünfte aus der stillen Beteiligung.
3.In Deutschland könnte sich das luxemburgische SPV (= spezial purpose vehicle) noch weitergehend als sinnkräftig erweisen, weil der Gesetzgeber (als Abkommensbeteiligter des DBA Luxemburg) möglicherweise nicht genug "aufgepasst" hat: Das sog. Schachtelprivileg des Art. 20 Abs. 2 DBA Luxemburg im Rahmen des sog. Methodenartikels könnte dazu führen, dass nicht nur die "echten" Dividenden aus der direkten Beteiligung, sondern auch die "unechten" Dividenden aus der beschriebenen Abkommensumqualifizierung aufgrund dieses Privilegs in Deutschland steuerbefreit sind.
4. Hier hat der BFH nun eingegriffen und jene "Sinnkräftigkeit" sinnlos werden lassen. Er deutet das DBA so, dass das Schachtelprivileg stets eine qualifizierte Beteiligung voraussetzt. "Unechte" Dividenden werden sonach nicht begünstigt.
Der BFH hat sich damit für eine restriktive Sichtweise entschieden. Methodisch tut er das – noch – im Einklang mit der Abkommenssystematik und dem Abkommenstext. Es bedufte also keiner teleologischen Reduktion, sondern nur eines "systemgetragenen"Wortlautverständnisses. Dieses Verständnis wird sicher auch durch die Überlegung getragen, dass andernfalls zwar keine sog. weißen Einkünfte produziert werden, weil die umqualifizierten Beteiligungsergebnisse ja der ausländischen Quellensteuer unterfallen. Dass aber wirtschaftlich gesehen doch ein vergleichbares Ergebnis hergestellt wird, weil die besagten Beteiligungsergebnisse im anderen Vertragsstaat als Betriebsausgaben in Erscheinung treten und sich die Sache summa summarum deswegen recht "schön rechnet". Das dürfte nun Vergangenheit sein.
5. Positiv hat der Gesetzgeber in entsprechender Weise bereits "eingegriffen", so z.B. ...