Prof. Dr. Andreas Herlinghaus
Leitsatz
§ 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG lässt eine Einschränkung seines Anwendungsbereichs für den Fall einer Überentnahme zur Tilgung der für den Erwerb festgesetzten Schenkungsteuer weder mit Blick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift noch unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen Auslegung zu.
Normenkette
§ 13a Abs. 5 Nr. 3, Abs. 1, Abs. 2, § 10 Abs. 8 ErbStG
Sachverhalt
Der A schenkte seiner Tochter, der Klägerin, einen Teil seines Kommanditanteils an der B-GmbH & Co. KG. Das FA setzte daraufhin Schenkungsteuer unter Gewährung der Steuervergünstigungen des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG fest, woraufhin die Klägerin die Schenkungsteuer unmittelbar vom Geschäftskonto der B-GmbH zahlte.
Nach Ablauf der fünfjährigen Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG forderte das FA die Klägerin auf, mitzuteilen, ob schädliche Verfügungen im Sinn der vorgenannten Vorschrift erfolgt seien. Daraufhin teilte die Klägerin mit, dass sie innerhalb der genannten Frist Überentnahmen aus dem begünstigt erworbenen Vermögen getätigt habe, welche allerdings alleine aus den Schenkungsteuerzahlungen resultieren würden. Das FA ging insoweit von einem Verstoß gegen § 13a Abs. 5 ErbStG aus und änderte die Steuerfestsetzung unter Berücksichtigung der Überentnahmen.
Die dagegen gerichtete Klage wies das FG (FG Münster, Urteil vom 21.08.2008, 3 K 4920/06 Erb, Haufe-Index 2119676, EFG 2009, 278) ab, weil sich das Erfordernis einer einschränkenden Auslegung des § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG weder aus den Gesetzesmaterialien noch aus dem Zweck der Norm oder unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen Auslegung ergebe.
Entscheidung
Dem folgte jetzt im Ergebnis der BFH und wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück.
Hinweis
1. Nach § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG fallen der Freibetrag oder Freibetragsanteil nach Abs. 1 und der verminderte Wertansatz nach Abs. 2 mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb als Gesellschafter einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahrs Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 100 000 DM übersteigen (sog. Überentnahmen). Die Regelung stellt ihrem reinen Wortlaut nach nicht auf die Gründe ab, die zu einer Entnahme führen. Danach wird vielmehr jede Entnahme als befreiungsschädlich erfasst.
2. Spannend ist allerdings die hochgradig strittige Frage, ob eine einschränkende Auslegung des Wortlauts in Betracht kommt (vgl. zum entsprechenden Meinungsstreit die Nachweise im besprochenen Urteil): Genau dies lehnt jetzt der BFH – vorrangig mit Blick auf die Teleologie der Norm – ab.
a) § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG, der erst im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens und ohne ausformulierte Begründung in das Gesetz gelangt ist, liegt nach Auffassung des BFH die Vorstellung zugrunde, dass einmal in das Betriebsvermögen gelangtes begünstigtes Vermögen über den Umfang von Einlagen und Gewinnen hinaus nur bis zur Freigrenze i.H.v. 100 000 DM unschädlich wieder entnommen können werden soll. Die Norm erfasst damit zwar "auch" Fälle, in denen zunächst nach § 13a ErbStG begünstigtes Vermögen durch Verlagerung in das Betriebsvermögen geschaffen und dieses dann alsbald nach dem Übertragungsvorgang und der Gewährung der in § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG geregelten Vergünstigungen wieder entnommen wird, allerdings beschränkt sich die Norm – anders als dies teilweise in der Literatur gesehen wird – nicht auf derartige Missbrauchsfälle.
b) Der Gesetzgeber hat sich bei der Schaffung des § 13a ErbStG von den Vorgaben im BVerfG-Beschluss vom 22.06.1995 (2 BvR 552/91, Haufe-Index 638108) zur Erbschaftsteuer leiten lassen, wonach er verpflichtet ist, bei der Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen die durch Gemeinwohlbindungen und -verpflichtungen verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit der Betriebe zu berücksichtigen und die Belastung so zu bemessen, dass die Fortführung des Betriebs steuerlich nicht gefährdet wird. Dem ist der Gesetzgeber durch § 13a ErbStG nachgekommen, indem er sich grundsätzlich für die Gewährung von Steuervergünstigungen entschieden hat, wenn und soweit der Betrieb in seinem Bestand fortgeführt wird. Anders als dies die Klägerin wohl meinte erfordert es der Gleichheitssatz nicht, generell den "Vermögensbestand des Unternehmers" zu schützen, weshalb es dem Gesetzgeber auch nicht verwehrt werden kann, das begünstigte Betriebsvermögen schmälernde Entnahmen generell als begünstigungsschädlich zu begreifen, soweit sie den Freibetrag übersteigen.
c) Bezogen auf den Fall der "Überentnahme zur Schenkungsteuerzahlung" mindert sich zwar bezogen auf das Betriebsvermögen die steuerliche Leistungsfähigkeit des Erwerbers, ihm wird aber zugemutet, die Zahlung der gegen ihn persönlich festgesetzten Steuer aus seinen privaten Mitteln zu bestreiten bzw. einen Kredit aufzunehmen. Dies ergibt sich...