OFD Frankfurt, Verfügung v. 9.8.2012, S 2282 A - 22 - St 223

 

I. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (ALG II)

Nach einem Beschluss der Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (ALG II) genauso wie Leistungen zur Sicherstellung des Unterhalts als Bezüge des Kindes zu berücksichtigen, wenn von einer Rückforderung bei gesetzlich Unterhaltsverpflichteten abgesehen worden ist. Sie sind jedoch dann nicht als Bezug anzurechnen, wenn das Kindergeld nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG an den entsprechenden Sozialleistungsträger abgezweigt wird, dieser einen Erstattungsanspruch nach § 74 Abs. 2 EStG geltend macht, oder – zur Vereinfachung – das Kindergeld nach Maßgabe der Sozialgesetze vollständig oder anteilig auf seine Leistung anrechnet (vgl. H 32.10 „Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge” Teilabschnitt „Eigene Bezüge” Nr. 3 EStH und DA-FamEStG 63.4.2.3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9).

 

II. Elterngeld

Das Bundeselterngeldgesetz ist zum 1.1.2007 in Kraft getreten und an die Stelle des Bundeserziehungsgeldgesetzes getreten. Es gilt für alle ab dem 1.1.2007 geborenen Kinder.

Das einem betreuenden Elternteil zum Ausgleich wegfallenden Erwerbseinkommens gezahlte Elterngeld beträgt bei Voreinkommen zwischen 1.000 und 1.200 EUR 67 % seines vor der Geburt des Kindes durchschnittlich monatlich verfügbaren bereinigten Nettoeinkommens. Für Geringverdiener mit einem Einkommen unter 1.000 EUR vor der Geburt des Kindes steigt die Ersatzrate schrittweise auf bis zu 100 %: je geringer das Einkommen, desto höher die Ersatzrate. Für Nettoeinkommen ab 1.200 EUR und mehr vor der Geburt des Kindes sinkt die Ersatzrate des Elterngeldes moderat von 67 auf 65 % (bei Voreinkommen von 1.240 EUR und mehr zu 65 %, bei Voreinkommen von 1.220 EUR zu 66 %). Der Mindestbetrag, der auch an vor der Geburt nicht erwerbstätige Elternteile gezahlt wird, beträgt 300 EUR monatlich. Bei Mehrlingsgeburten erhöht sich der Mindestbetrag um jeweils 300 EUR für das zweite und jedes weitere Kind. Solange ein älteres Geschwisterkind unter drei Jahren oder zwei ältere Geschwisterkinder unter 6 Jahren mit im Haushalt leben, erhöht sich das Elterngeld um 10 %, mindestens jedoch 75 EUR. Die Eltern haben insgesamt Anspruch auf bis zu 14 Monatsbeträge. Auf Antrag werden die einer Person monatlich zustehenden Beträge halbiert und über den doppelten Zeitraum ausgezahlt.

Das bisherige Erziehungsgeld war/ist bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht zu berücksichtigen (H 32.10 „Nicht anrechenbare eigene Bezüge” EStH).

Zu der Frage, ob und inwieweit Elterngeld, das ein Kind erhält, bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigen ist, haben die Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen, dass Elterngeld grundsätzlich als Bezug des Kindes anzusetzen ist, da es in der Regel Lohnersatz darstellt und deswegen auch unter den Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 EStG fällt. Auszunehmen hiervon ist aber der Mindestbetrag in Höhe von 300 EUR bzw. 150 EUR monatlich (bei Mehrlingsgeburten entsprechend vervielfacht), da dieser auch gezahlt wird, wenn vorher keine Einkünfte erzielt wurden. Dies gilt auch bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge gemäß § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG bzw. § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG.

Unabhängig von der vorstehenden Regelung zur Ermittlung der Einkünfte und Bezüge eines Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG unterliegt das Elterngeld nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. j EStG in voller Höhe dem Progressionsvorbehalt.

 

III. Arbeitgeberanteil der vermögenswirksamen Leistungen

Zur Frage, ob der Arbeitgeberanteil an vermögenswirksamen Leistungen bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge i.S. des § 33 Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigen ist, war beim BFH unter dem Az. III R 23/09 ein Revisionsverfahren anhängig.

Im Gegensatz zu der Vorinstanz (FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 16.2.2009, 6 K 83/06) hat der BFH mit Urteil vom 22.9.2011 entschieden, dass der vom Arbeitgeber getragene Anteil an vermögenswirksamen Leistungen zu den für die Gewährung des Kinderfreibetrags schädlichen Einkünften zählt. Auch die aus dem Arbeitslohn erbrachten Sparbeiträge des Kindes sind als Einkünfte des Kindes in den Jahresgrenzbetrag einzubeziehen.

Einsprüche, die sich auf das o.g. BFH-Verfahren stützten, können nun entschieden werden.

 

IV. Übersicht über Aufwendungen des Kindes

Nr. Art der Aufwendungen Zugrundeliegende Rechtsentscheidung Minderung der Einkünfte und Bezüge des Kindes
      JA NEIN
1. Sozialversicherungsbeiträge BVerfG vom 11.1.2005, 2 BvR 167/02 X  
2. Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung BFH vom 14.12.2006, III R 24/06 X  
3. Beiträge als freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung BFH vom 16.11.2006, III R 74/05 X  
4. Beiträge zu einer privaten Versicherung für Zahnersatz BFH vom 29.5.2008, III R 33/06 X  
5. Beiträge für eine ...

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