Leitsatz
Nach der ab dem Jahr 2012 geltenden Rechtslage ist ein Unterhaltsanspruch, welcher der nicht verheirateten Tochter des Kindergeldberechtigten gegen den Vater ihres Kindes zusteht (§ 1615l BGB), für die Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG ohne Bedeutung.
Normenkette
§ 1615l BGB, § 32, § 62 EStG, § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO
Sachverhalt
Der Kläger bezog Kindergeld für seine im Juni 1992 geborene Tochter T, die sich in einer Berufsausbildung befand und Mutter eines im Oktober 2010 geborenen Kindes ist. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes durch Bescheid vom 24.1.2013 ab Januar 2013 auf, weil nicht mehr die Eltern gegenüber T unterhaltsverpflichtet seien, sondern der Kindsvater. Der dagegen gerichtete Einspruch wurde am 13.3.2013 zurückgewiesen.
Das FG gab der Klage statt (Sächsisches FG, Urteil vom 26.6.2013, 2 K 470/13 [Kg], Haufe-Index 5100485). Es war der Ansicht, auf etwaige Unterhaltsansprüche der T gegenüber dem Kindsvater komme es ab 2012 nicht mehr an, hob den Aufhebungsbescheid sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung auf und verpflichtete die Familienkasse, Kindergeld für T ab Januar 2013 zu bewilligen.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Familienkasse als unbegründet zurück. Das FG ist mit dem Verpflichtungsausspruch nicht über das Klagebegehren hinausgegangen und hat auch zutreffend entschieden, dass ein Unterhaltsanspruch der T gegenüber dem Vater ihres Kindes dem Anspruch des Klägers auf Kindergeld nicht entgegensteht.
Hinweis
1. Eine erfolgreiche Klage gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung führt zur Aufhebung des Aufhebungsbescheids. Damit wird die vorherige Festsetzung wieder wirksam; das FG braucht die Familienkasse nicht zur Kindergeldgewährung zu verpflichten. Tenoriert das FG gleichwohl eine zeitlich unbefristete Verpflichtung der Familienkasse ("Kindergeld ab …"), dann hat dies keine konstitutive Wirkung und ist nicht dahin zu verstehen, dass über den – mit dem Monat der Einspruchsentscheidung endenden – Streitzeitraum hinaus entschieden wurde.
2. Für volljährige Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden und noch keine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen haben, kann ab 2012 Kindergeld beansprucht werden, ohne dass es auf die Höhe ihrer Einkünfte und Bezüge ankommt. Da § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG auch keine typische Unterhaltssituation voraussetzt, schließt der mit der Verheiratung eines Kindes erlangte Unterhaltsanspruch gegen den Ehegatten seine kindergeldrechtliche Berücksichtigung nicht mehr aus (BFH, Urteil vom 17.10.2013, III R 22/13, BFH/NV 2014, 402, BFH/PR 2014, 130).
Entsprechendes gilt für den Unterhaltsanspruch einer nicht verheirateten Tochter gegen den Vater ihres Kindes nach § 1615l BGB aus Anlass der Geburt. Die Bezüge, die ihr aufgrund eines derartigen Anspruchs zufließen, bleiben ab 2012 außer Betracht.
3. Wird ein volljähriges Kind dagegen wegen seiner behinderungsbedingten Unfähigkeit zum Selbstunterhalt berücksichtigt (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG), dann schaden Unterhaltsleistungen Dritter, z.B. des Ehegatten oder des Vaters des nichtehelichen Kindes.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 3.7.2014 – III R 37/13