Leitsatz
1. Bei einer Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid führt jedes nachträglich gestellte Rechtsschutzbegehren, das nicht mit der Klage angegriffene Feststellungen betrifft, zu einer Klageänderung i.S.d. § 67 FGO, die nur innerhalb der Klagefrist zulässig ist. Die nicht innerhalb der Klagefrist angegriffenen Feststellungen werden insoweit auch dann – formell – bestandskräftig, wenn der Gewinnfeststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.
2. Ein während des finanzgerichtlichen Verfahrens geänderter Gewinnfeststellungsbescheid wird nach § 68 FGO nur hinsichtlich der bereits zulässig mit der Klage angefochtenen Besteuerungsgrundlagen (partiell) Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Gegen die übrigen im Änderungsbescheid korrigierten Besteuerungsgrundlagen kann der Steuerpflichtige Einspruch einlegen.
3. Bei Gewinnfeststellungsbescheiden unter dem Vorbehalt der Nachprüfung kann der Steuerpflichtige nach § 164 Abs. 2 AO bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist die Abänderung nicht bei Gericht anhängiger Feststellungen bei der Finanzbehörde beantragen.
Normenkette
§ 68, § 67 FGO, § 164 AO
Sachverhalt
Die klagende GmbH & Co. KG hatte eine Spedition betrieben und ihren Betrieb mit dem Verkauf der Lkw im Jahr 1994 eingestellt. Das Betriebsgrundstück hatte die KG von einer GbR gemietet, deren Gesellschafter die Kommanditisten waren. Nach Einstellung des Speditionsbetriebs wurden die Grundstücke fremdvermietet. Die Einnahmen erfasste die KG als Sonderbetriebseinnahmen, obwohl die Grundstücke von der GbR bilanziert wurden.
Im Jahr 2005 kam es zu einer Teilungsversteigerung der Grundstücke. Den erzielten Gewinn erklärte die KG als tarifbegünstigten Aufgabegewinn. Das FA erfasste den Gewinn in einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheid 2005 als nicht begünstigten Sonderbetriebsgewinn der Kommanditisten. Mit der dagegen erhobenen Klage machte die KG weiter die Tarifbegünstigung und eine Verrechnung mit verrechenbaren Verlusten nach § 15a EStG geltend. Während des Klageverfahrens erging ein geänderter Gewinnfeststellungsbescheid, mit dem das FA den Gewinn aus der Versteigerung um einen Betrag erhöhte, der in einem Zivilprozess gegen den Erwerber verlangt wurde. Hiergegen wandte sich die KG im Klageverfahren und machte nun hilfsweise geltend, der Gewinn sei dem Grunde nach nicht bei ihr, sondern bei der GbR zu erfassen.
Das FG gab der Klage bezüglich des sog. Hauptantrags insoweit statt, als es den Gewinn um die nachträgliche Erhöhung minderte und eine Verlustverrechnung für geboten hielt. Auch dem "Hilfsantrag" gab das FG statt. Die KG habe sich gegen die Gewinnerfassung dem Grunde nach wehren können, weil der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens geworden und deshalb auch der Gesamtgewinn streitig sei (FG Hamburg, Urteil vom 15.02.2008, 2 K 225/06, Haufe-Index 1988826, EFG 2008, 1125).
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des FA statt. Tatsächlich sei der sog. Hilfsantrag als Hauptantrag anzusehen. Über beide Anträge hätte aber nicht entschieden werden dürfen. Der gegen den Gesamtgewinn gerichtete Antrag sei nicht zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden, sondern als Einspruch gegen die Höhe des Gesamtgewinns zu behandeln und zunächst vom FA zu bescheiden. Nur wenn sich danach ergebe, dass der Gewinn bei der KG zu erfassen sei, könne über die Tarifbegünstigung und die Verlustverrechnung entschieden werden.
Hinweis
1. Der vom Sachverhalt her etwas unübersichtliche Fall beinhaltet eine wichtige Klarstellung zur Anwendung des § 68 FGO bei Gewinnfeststellungsbescheiden.
a) |
Gewinnfeststellungsbescheide bestehen nach ständiger Rechtsprechung aus der Feststellung einer Vielzahl von Besteuerungsgrundlagen, die jeweils für sich zu betrachten sind und auch jeweils für sich bestandskräftig werden. So sind etwa die Stellung als Mitunternehmer, die Höhe des Gewinns, die Höhe des Sonderbetriebsgewinns, die Tarifbegünstigung des Gewinns oder die Zuordnung des Gewinns zu einer Einkunftsart jeweils eigenständige Feststellungen, die bestandskräftig werden, soweit sie nicht mit einem Rechtsbehelf angegriffen werden. Richtet sich der Rechtsbehelf wie im Streitfall allein gegen die Versagung der Tarifbegünstigung, wird die Feststellung zur Höhe des Gewinns bestandskräftig. Sie kann später grundsätzlich nicht mehr beanstandet werden (zum Vorbehalt der Nachprüfung s. nachstehend unter 2.). |
b) |
Ergeht während des Klageverfahrens ein geänderter Gewinnfeststellungsbescheid, tritt für diesen die Wirkung des § 68 FGO ein: er wird zum Gegenstand des Klageverfahrens. Diese Wirkung kann aber naturgemäß nur insoweit eintreten, als der Ausgangsbescheid überhaupt Gegenstand des Klageverfahrens war. Wird wie im Urteilsfall der Gesamtgewinn erhöht, obwohl nur die Tarifbegünstigung streitig war, kann deshalb die Feststellung zur Höhe des Gesamtgewinns nicht nach § 68 FGO Gegenstand des Rechtsstreits werden. Wendet sich der Kläger gegen eine solche andere Besteuerungsgrundlage,... |