Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Der maßgebliche Gesamtumsatz des Kleinunternehmers bestimmt sich nach § 19 Abs. 2 UStG. Dabei ist von dem steuerbaren Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG auszugehen. Damit gehören Einfuhren aus dem Drittlandsgebiet nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG und der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG nicht zum Gesamtumsatz. Darüber hinaus sind auch bestimmte steuerfreie Umsätze nicht mit in den Gesamtumsatz einzubeziehen.
In die Berechnung des Gesamtumsatzes sind auch unentgeltliche Wertabgaben mit einzubeziehen (z. B. Entnahmen für unternehmensfremde Zwecke), soweit die Wertabgabe steuerbar ist.
Unentgeltliche Wertabgabe muss steuerbar sein
Soweit die Wertabgabe nicht steuerbar ist, erfolgt keine Einbeziehung in den Gesamtumsatz. Da in den meisten Fällen der unentgeltlichen Wertabgaben ein vorhergehender Vorsteuerabzug notwendig ist, sind viele dem Grunde nach als entgeltlich geltende Wertabgaben (z. B. Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs für private Zwecke, für das aber aufgrund der Kleinunternehmerbesteuerung kein Vorsteuerabzug möglich war) nicht steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
Bei dem Gesamtumsatz des vorangegangenen Kalenderjahrs kommt es ab 2025 auf den tatsächlich in diesem Jahr erzielten Umsatz an. Hat die Unternehmereigenschaft im vorangegangenen Kalenderjahr nicht das gesamte Jahr bestanden, kommt es nicht zu einer Hochrechnung auf einen Gesamtjahresumsatz.
Modifizierte Berechnung seit 2025
Die Berechnung des Gesamtumsatzes seit dem 1.1.2025 unterscheidet sich bezüglich der nicht mehr notwendigen Hochrechnung in einen Gesamtjahresumsatz sowie der nicht mehr (zusätzlich) zu erfassenden Umsatzsteuer. Wirtschaftlich ist die Berechnung – abgesehen von der geänderten Umsatzgrenze und dem Wegfall der Hochrechnung auf einen Gesamtjahresumsatz – aber unverändert geblieben, da die bis Ende 2024 erfolgte Hinzurechnung der Umsatzsteuer rein technischer Natur war. Keine Veränderung gab es bei den steuerfreien Umsätze bzw. den Umsätzen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die grundsätzlich nicht bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes zu berücksichtigen sind.
Bei differenzbesteuerten Umsätzen ist die Einnahme anzusetzen
Führt der Unternehmer Umsätze aus, die einer Margenbesteuerung unterliegen (Reiseleistungen, Differenzbesteuerung), ist nicht nur die Marge, sondern die Einnahme bei der Prüfung des Gesamtumsatzes zu berücksichtigen.
Bei der Berechnung des Gesamtumsatzes ist die Unternehmenseinheit zu beachten. Da ein Unternehmer immer nur ein Unternehmen haben kann, sind bei der Prüfung des Gesamtumsatzes alle von dem Unternehmer ausgeführten Umsätze des einheitlichen Unternehmens zu berücksichtigen.
Berechnung der Gesamtumsatzgrenze bei Unternehmenseinheit
Arzt A erbringt im Rahmen seiner Tätigkeit steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 UStG i. H. v. 380.000 EUR. Darüber hinaus erstellt er auch Gutachten (z. B. für Versicherungen), die nicht nach § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind. Er erzielt daraus einen jährlichen Umsatz i. H. v. 22.000 EUR. Außerdem betreibt er noch auf dem Dach seines Einfamilienhauses eine Photovoltaikanlage, mit der er auch Einnahmen aus dem Stromverkauf i. H. v. 2.000 EUR (alternativ: 4.000 EUR) seit Jahren erzielt.
A hat ein einheitliches Unternehmen, das sowohl die ärztlichen Tätigkeiten als auch die Stromlieferung umfasst (unabhängig davon, ob die Photovoltaikanlage dem Unternehmen zugeordnet ist oder nicht). Da der steuerfreie Umsatz aus der heilkundlichen Tätigkeit nach § 4 Nr. 14 UStG nicht bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes heranzuziehen ist, kann A mit einem maßgeblichen Gesamtumsatz von 24.000 EUR die Kleinunternehmerbesteuerung in Anspruch nehmen. A führt dann steuerfreie Umsätze nach § 19 Abs. 1 UStG aus und hat für Leistungsbezüge keinen Vorsteuerabzug. In der Alternative erzielt A einen Gesamtumsatz von 26.000 EUR und kann die Kleinunternehmerbesteuerung nicht in Anspruch nehmen. A schuldet dann sowohl für die Umsätze aus der Gutachtertätigkeit als auch für die Stromlieferung Umsatzsteuer, ist aber insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt.
In den Gesamtumsatz gehen aber nur die steuerbaren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ein. Umsätze, deren Ort sich nicht im Inland befindet, bleiben de...