Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Unternehmer, die die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 UStG erfüllen, sind automatisch Kleinunternehmer; sie können aber auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung gem. § 19 Abs. 3 UStG verzichten; d. h., sie besteuern dann ihre Umsätze wie alle der Regelbesteuerung unterliegenden Unternehmer. In diesen Fällen sind sie berechtigt, die von ihnen geschuldete Umsatzsteuer in ihren Rechnungen gesondert auszuweisen. Sie erhalten dann auch den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG, soweit sie keine Ausschlussumsätze nach § 15 Abs. 1a – Abs. 2 UStG erbringen. Die entstandene Umsatzsteuer ist bei ihrem Finanzamt anzumelden und der nach Abzug der Vorsteuerbeträge verbleibende Betrag ist abzuführen. Es gelten dann die allgemeinen Pflichten zur Abgabe von Voranmeldungen und Jahressteuererklärungen. Soweit der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung erklärt worden ist, wird er von Beginn des Kalenderjahrs an wirksam, für das der Verzicht erklärt worden ist.
Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung kann für das laufende Kalenderjahr (somit auch für die Zukunft) erklärt werden, er kann aber auch für die Vergangenheit – für abgeschlossene Veranlagungszeiträume – erklärt werden. Der Unternehmer kann bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahrs den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung unwiderruflich erklären.
Wenn der Unternehmer nach § 19 Abs. 3 UStG die Regelbesteuerung gewählt hat, ist er 5 Jahre an diese Erklärung gebunden. Erst nach Ablauf von 5 Jahren seit erstmaliger Besteuerung kann der Unternehmer wieder zur Besteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG zurückkehren. Die Überschreitung der Umsatzgrenzen gilt aber nicht als Erklärung zur Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen. Der Unternehmer kann den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung – nach Ablauf der Bindungsfrist – mit Wirkung von Beginn eines folgenden Kalenderjahrs an widerrufen.
Änderung bei den Fristen zum Verzicht
Für bis 31.12.2024 endende Besteuerungszeiträume konnte der Verzicht auf die Kleinunternehmerbesteuerung bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung erklärt werden. Seit 2025 ist geregelt, dass der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahrs erklärt werden kann. Dies entspricht insoweit der regulären Frist der Abgabe von Jahressteuererklärungen von durch Berufsträger vertretenen Unternehmern.
Bis 31.12.2024 konnte der Antrag bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung auch wieder zurückgezogen werden. In diesen Fällen konnten evtl. mit Umsatzsteuerausweis erstellte Rechnungen in Anwendung der Regelung des § 14c Abs. 2 UStG berichtigt werden.
Seit 2025 kann der Verzicht nur m. W. v. Beginn eines folgenden Kalenderjahrs widerrufen werden; es ist aber in jedem Fall die Bindungsfrist von 5 Kalenderjahren zu beachten.
Abgabe der Jahressteuererklärung als Antrag auf Regelbesteuerung
Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung kann nach den bisherigen Erkenntnissen auch durch konkludentes (schlüssiges) Verhalten erklärt werden, in dem eine Jahressteuererklärung oder Voranmeldung mit Berechnung der Steuer nach den allgemeinen Vorschriften abgegeben wird. Berechnet ein Kleinunternehmer in einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Steuer nach den allgemeinen Vorschriften, ist darin nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich ein Verzicht auf die Besteuerung als Kleinunternehmer zu sehen. In Zweifelsfällen muss das Finanzamt den Kleinunternehmer fragen, welcher Besteuerungsform er seine Umsätze unterwerfen will. Verbleiben Zweifel, kann eine Option zur Regelbesteuerung nicht angenommen werden. Diese bisher aus Sicht der Unternehmer positive Rechtsprechung birgt aber seit dem 1.1.2025 eine erhebliche Gefahr. Früher konnte ein Antrag auf Regelbesteuerung auch noch rückwirkend zurückgenommen werden, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr, für das erstmals der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung erklärt wurde, noch nicht unanfechtbar geworden war. Damit war es bei Irrtum o. ä. möglich, den Antrag zu widerrufen. Dies ist seit 2025 nicht mehr möglich. Ein einmal ("unwiderruflich") erklärter Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung kann nur für ein folgendes Kalenderjahr widerrufen werden. Deshalb muss ab 2025 besonders genau geprüft werden, ob der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung erklärt werden soll. Eine durch "konkludentes Verhalten" abgegebene Erklärung kann deshalb kritisch gesehen werden.
Verzichtet ein Kleinunternehmer auf die Anwendung des § 19 UStG, bezieht sich die Verzichtserklärung auf das gesamte Unternehmen. Mit einer nur für einen Unternehmensteil erstellten Umsatzsteuererklärung kann nicht rechtswirksam auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG verzichtet werden.
Wenn der Unterneh...