Leitsatz
Beteiligt sich der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft an dieser zugleich als atypisch stiller Gesellschafter und verzichtet die Kapitalgesellschaft im Interesse des stillen Gesellschafters auf eine fremdübliche Gewinnbeteiligung, wird der Kapitalgesellschaft bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der atypisch stillen Gesellschaft der angemessene Gewinnanteil zugerechnet.
Normenkette
§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d, § 6 Abs. 5, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 24 UmwStG, § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 41 Abs. 1 Satz 1, § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 182 Abs. 1 AO, § 118 Abs. 2, § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a, § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO, § 554 ZPO
Sachverhalt
Ein Buchbinder hatte sein bisheriges Einzelunternehmen im Wege echter Betriebsaufspaltung zum 1.1.2001 umstrukturiert. Dazu hatte er das ihm gehörende Betriebsgrundstück einer Ein-Mann-GmbH verpachtet. Zugleich hatte er mit der GmbH die Errichtung einer stillen Gesellschaft vereinbart, wobei seine Einlage darin bestehen sollte, dass er "der GmbH die Nutzung der in seinem Eigentum stehenden Mobilien" sowie "die Nutzung des von ihm geschaffenen Geschäftswerts zur Verfügung stellt". Von dem nach einem Vorweggewinnanteil der GmbH verbleibenden Gewinn sollte der stille Gesellschafter "den Anteil nach Maßgabe seines Beitrags im Verhältnis zum Beitrag der GmbH" erhalten. Beitrag der GmbH sollte das in der Steuerbilanz zu Beginn des Geschäftsjahres ausgewiesene Eigenkapital der GmbH sein. Der Beitrag des stillen Gesellschafters sollte "durch den Nutzen aus dem vorgehaltenen und nutzbaren beweglichen Anlagevermögen des stillen Gesellschafters zu Beginn des Geschäftsjahres bestimmt" werden.
Im Streitjahr 2001 ergab sich dadurch eine Gewinnverteilung von 6,9 % für die GmbH und 93,1 % für den stillen Gesellschafter.
Das FA war der Meinung, der Geschäftswert sei auf die Mitunternehmerschaft übergegangen, was in Höhe des Anteils der GmbH zur Aufdeckung stiller Reserven gemäß § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG und dadurch zu einem Gewinn im Sonderbetriebsvermögen des Stillen geführt habe. Für Zwecke der Gewinnverteilung sei der Geschäftswert ganz der GmbH zuzurechnen, sodass sich ein Gewinnanteil der GmbH von 21,8 % ergebe. In Höhe der Differenz zu dem tatsächlich erhaltenen Gewinnanteil liege eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, die nach dem Halbeinkünfteverfahren zur Hälfte den Gewinn der Mitunternehmerschaft erhöhe.
Die Klage beim FG hatte nur insoweit Erfolg, als das FG von einem Übergang des Geschäftswerts zum Buchwert ausging und damit der Sonderbetriebsgewinn des Stillen entfiel (Hessisches FG, Urteil vom 7.12.2011, 13 K 367/07, Haufe-Index 2905725).
Entscheidung
Der BFH gab der Revision der GmbH und des Stillen statt, die Anschlussrevision des FA hielt er für unbegründet. Der GmbH sei ein angemessener Gewinnanteil zugerechnet worden, denn der Geschäftswert sei nicht auf sie übergegangen. Es seien auch keine Wirtschaftsgüter unter anteiliger Aufdeckung stiller Reserven auf die Mitunternehmerschaft übertragen, sondern allenfalls zum Buchwert in das Sonderbetriebsvermögen des Stillen überführt worden.
Hinweis
1. Neuigkeitswert hat die Entscheidung insofern, als der BFH erstmals entscheidet, wie eine vGA im Fall einer GmbH & atypisch Still zu behandeln ist.
a) Grundsätzlich wird eine vGA bei der Kapitalgesellschaft außerhalb der Bilanz nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Gewinn hinzugerechnet und mindert deshalb die KSt-Bemessungsgrundlage nicht. Beim Gesellschafter führt die vGA wie eine offene Ausschüttung zu Kapitaleinkünften.
b) Anders sind die Rechtsfolgen bei der GmbH & atypisch Still, wenn der Stille zugleich Gesellschafter der GmbH ist und dadurch eine vGA erhält, dass er zulasten der GmbH einen überhöhten Gewinnanteil aus der stillen Gesellschaft zugewiesen bekommt. Hier wird die Minderung des Einkommens der GmbH schon auf der Ebene der Gewinnfeststellung für die atypisch stille Gesellschaft verhindert, indem der GmbH der angemessene Gewinnanteil zugewiesen wird. Dann ist dieser angepasste Gewinnanteil bei der KSt-Festsetzung zu berücksichtigen.
Der Stille bezieht die vGA nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern als Bestandteil seiner Einkünfte aus der atypisch stillen Gesellschaft in Gestalt einer Sonderbetriebseinnahme, wenn die Beteiligung an der GmbH zu seinem Sonderbetriebsvermögen II gehört. Das ist dann der Fall, wenn die GmbH nicht noch einer anderen als der im Interesse der atypisch stillen Gesellschaft liegenden Geschäftstätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung nachgeht und der Stille auf die Geschäftsführung Einfluss ausüben kann (daran fehlt es jedenfalls bei einer Beteiligung unter 10 %; vgl. BFH, Urteil vom 16.4.2015, IV R 1/12, BStBl II 2015, 705, BFH/PR 2015, 286).
c) Vollkommen neu ist die Gewinnkorrektur auf der Ebene der Mitunternehmerschaft allerdings nicht. Der BFH orientiert sich hier an der bisherigen Rechtsprechung zur vGA bei einer GmbH & Co. KG.
2. Das Urteil ruft außerdem in Erinnerung, w...