Kommentar
Im Streitfall hatte ein Industriekaufmann an 2 psychologischen Seminaren eines Instituts für Bewußtseinstraining über Grundbegriffe der angewandten Psychologie sowie an einem neuro-psychologischen Grundkurs nach der Lehrmethode Dr. Stille teilgenommen. Themen der Vorträge und Übungen waren u. a.: Anpassungskriterien zu Denk- und Verhaltensweisen, Aktivierung von Funktionen, Aspekte der Selbstverantwortung, vertrauliche Beziehungen, Aspekte zur Wesensbestätigung, Rechtfertigung für Problemverschleppung, Erfolgstrategien, Selbstrespekt und Selbstwert. Anders als das Finanzgericht lehnte der Bundesfinanzhof die Berücksichtigung der Seminarkosten als Werbungskosten ab. Er entschied, daß Aufwendungen der hier streitigen Art nur dann Werbungskosten sind, wenn in den Seminaren primär auf den konkreten Beruf zugeschnittene psychologische Kenntnisse vermittelt werden und der Teilnehmerkreis des Seminars entsprechend homogen zusammengesetzt ist.
Im Streitfall hätten die Seminare, wie der BFH ausführte, auch zur persönlichen Weiterbildung gedient, da die erworbenen Kenntnisse auch in Alltagssituationen hätten angewendet werden können. Sie hätten in erheblichem Umfang auch die allgemeine Lebensführung betroffen. Die Seminare seien nicht primär auf die spezifischen Bedürfnisse eines bestimmten Berufes oder einer bestimmten Berufsgruppe ausgerichtet gewesen, sondern hätten – außer der persönlichen Weiterbildung – Sparten des allgemeinen Berufslebens oder verschiedener Berufe berücksichtigt. An psychologischen Seminaren der hier streitigen Art nähmen viele Bürger aus rein privaten Erwägungen teil.
An dieser Beurteilung ändere nichts, wenn der Arbeitgeber für die Teilnahme an den Seminaren bezahlten Bildungsurlaub gewährt. Denn private Arbeitgeber könnten bei der Bewilligung von Bildungsurlaub unterschiedlich großzügig oder engherzig verfahren. Demgegenüber seien die Finanzbehörden bei der Anerkennung von Werbungskosten zu einer Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen verpflichtet.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 06.03.1995, VI R 76/94
Hinweis:
In der vorstehend mitgeteilten Entscheidung hatte sich der Bundesfinanzhof zu einer früheren Entscheidung, in der Aufwendungen einer angestellten Diplom-Psychologin für eine Psychoanalyse als Werbungskosten anerkannt hatte, abzugrenzen (vgl. BFH, Urteil v. 17. 7. 1992, VI R 12/91, BStBl II 1992 S. 1036). Die Besonderheit jenes Falles lag darin, daß die in der eigenen Psychoanalyse gewonnenen Kenntnisse wesentlicher Gegenstand des konkret ausgeübten Berufes als Dipl.-Psychologin waren. Ein mit jenem Grenzfall vergleichbarer Sachverhalt lag im Streitfall nach Auffassung des BFH nicht vor. Dem Umstand, daß die Teilnahme an den psychologischen Seminaren sich auf die berufliche Tätigkeit des Klägers förderlich ausgewirkt hatte, sah der BFH zu Recht als nicht entscheidend an.
Fortbildungskosten
Ausbildungskosten
Werbungskosten ABC -Arbeitnehmer-