Leitsatz
1. Die vierwöchige Ladungsfrist zur mündlichen Verhandlung vor dem BFH beginnt nicht erneut zu laufen, wenn ein Termin auf einen späteren Tag verlegt wird.
2. Für die Zuordnung eines GmbH-Anteils eines Mitunternehmers zum Sonderbetriebsvermögen II seiner Mitunternehmerschaft ist es von Bedeutung, ob die GmbH ‐‐ abgesehen von der Geschäftsbeziehung zu der Mitunternehmerschaft ‐‐ einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält.
Normenkette
§ 91 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Nr. 5, § 76 Abs. 1, § 118 Abs. 2, § 155 FGO, § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Abs. 1 und Abs. 4, § 6 Abs. 5, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 217, § 218, § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 102 Abs. 1 Satz 1 VwGO
Sachverhalt
Die klagende GmbH & Co. KG bezog die für ihre Produktion erforderlichen Rohstoffe ausschließlich von einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter einer der beiden Kommanditisten war. Aus Sicht der GmbH machten die Umsätze mit der KG in den vorangegangenen Jahren ca. 26 – 63 % des Gesamtumsatzes aus. Die Anteile an der GmbH wurden als Privatvermögen des Kommanditisten behandelt.
Im Jahr 2010 wurde über beide Gesellschaften das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kommanditist machte in Bezug auf die GmbH-Anteile einen Verlust nach § 17 EStG geltend.
Nachdem für die KG ein Gewinn aufgrund einer Schätzung festgestellt worden war, wurde mit einem Änderungsantrag eine Sonderbilanz für den Kommanditisten eingereicht, aus der sich ein Verlust von ca. 1,2 Mio. EUR u.a. durch Passivierung von Verpflichtungen des Kommanditisten im Zusammenhang mit der KG und der GmbH ergab. Das FA lehnte die Feststellung eines Sonderbetriebsverlusts ab.
Die vom Kommanditisten erhobene Klage wies das FG nach Beiladung der KG ab (FG Münster, Urteil vom 21.9.2016, 7 K 2314/13 F, Haufe-Index 9851728, EFG 2016, 1855). Rückstellungen für Verbindlichkeiten aus Bürgschaften für die KG könnten nicht gebildet werden. Auch für Verpflichtungen im Zusammenhang mit der GmbH könnten keine Rückstellungen gebildet werden, weil die GmbH-Anteile nicht Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten gewesen seien.
Entscheidung
Die Revision wies der BFH aufgrund mündlicher Verhandlung zurück. Der Verhandlungstermin war nach rechtzeitiger Ladung zum ersten Termin nach hinten verschoben worden. Bei der erneuten Ladung war die Frist von vier Wochen nicht eingehalten worden. Für die beigeladene KG war zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen. Dennoch sah sich der BFH zum Erlass eines Urteils aufgrund der Verhandlung berechtigt.
In der Sache teilte der BFH die Auffassung des FG. Insbesondere sei der Anteil an der GmbH kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen gewesen. Denn die GmbH habe neben der Belieferung der KG in erheblichem Umfang auch Umsätze mit anderen Geschäftspartnern gemacht.
Hinweis
1. Mit dem Urteil wird die verfahrensrechtliche Frage geklärt, ob die Ladungsfrist zur mündlichen Verhandlung im Finanzprozess (beim FG zwei und beim BFH vier Wochen, § 91 Abs. 1 Satz 1 FGO) im Fall einer Verschiebung des Termins nach hinten von der Verschiebung an nochmals eingehalten werden muss, wenn die Frist bis zum ursprünglich geplanten Termin gewahrt gewesen wäre. Der BFH hat sich dafür entschieden, dass bei einer Verlegung des Termins nach hinten die Ladungsfrist nicht erneut zu laufen beginnt. Es bedarf deshalb auch keiner ausdrücklichen Abkürzung der Ladungsfrist für die Verlegung.
Die Ladungsfrist dient dazu, dass sich die Beteiligten in der Sache vorbereiten und ihre Reise an das Gericht planen können. Die Vorbereitungsfrist ist zweifellos gewahrt, wenn der fristgemäß anberaumte Termin später nach hinten verschoben wird. Anders ist es mit der Reiseplanung, für die weniger Zeit verbleibt, wenn bei der Umterminierung die Ladungsfrist nicht eingehalten wird. Kann ein Beteiligter die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zu dem neuen Termin nicht einrichten, steht es ihm frei, eine erneute Verlegung des Termins wegen Verhinderung zu beantragen. Diesem Antrag wird stattzugeben sein, wenn die Verhinderung vorliegt.
Wird der Termin nach vorne verlegt, würde das eine Verkürzung der Ladungsfrist bedeuten, die nur ausnahmsweise zulässig ist und ausdrücklich angeordnet werden muss (§ 91 Abs. 1 Satz 2 FGO).
2. Materiell-rechtlich betrifft das Urteil im Wesentlichen die Frage, wann der Anteil eines Mitunternehmers an einer Kapitalgesellschaft notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der Mitunternehmerschaft ist, wenn enge geschäftliche Beziehungen zwischen der Kapitalgesellschaft und der Mitunternehmerschaft bestehen.
Dies hängt davon ab, ob die Beteiligung die Stellung des Anteilseigners in der Personengesellschaft stärkt, weil der Mitunternehmer seine Einflussmöglichkeiten auf die Kapitalgesellschaft im wirtschaftlichen Interesse der Personengesellschaft ausübt. Umfangreiche Geschäftsverbindungen reichen dafür nicht aus. Nur wenn zu diesen hinzutritt, dass der Mitunternehmer – ggf. zusammen mit anderen Mitunternehmern – die Kapitalgesellschaft beherrscht, und die Kapitalgesellschaft darüber hinaus neben i...