Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Mit der Neuregelung der unternehmerischen Betätigung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) in § 2b UStG haben sich in der Praxis verschiedene Anwendungsfragen im Zusammenhang mit Friedhöfen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft ergeben, zu denen die Finanzverwaltung jetzt umfassend Stellung nimmt.
Soweit eine jPdöR Leistungen gegen Entgelt ausführt, werden unternehmerische Leistungen im Leistungsaustausch ausgeführt. Werden Leistungen aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Satzung in öffentlich-rechtlicher Handlungsform erbracht, muss geprüft werden, ob die Behandlung der jPdöR zu größerer Wettbewerbsverzerrung führen würde. Dazu müssen vergleichbare Leistungen auch von privaten Unternehmern erbracht werden können.
Grabnutzungsberechtigungen (auch Liegerechte, Recht zur Beisetzung eines Sarges oder einer Urne, Leichentuchbestattung), bei denen dem Berechtigten ein Recht an einer räumlich abgrenzbaren Parzelle unter Ausschluss von Dritten eingeräumt wird, stellen bei Leistung durch private Anbieter eine steuerfreie Leistung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG dar, bei der wegen Nichtunternehmereigenschaft des Leistungsempfängers auch keine Option nach § 9 Abs. 1 UStG infrage kommen kann. Werden diese Leistungen von jPdöR erbracht, liegt wegen § 2b Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 UStG keine unternehmerische Betätigung vor.
Wird keine räumlich abgrenzbare Parzelle überlassen, ist die Leistung bei Ausführung durch private Anbieter nicht steuerfrei, sodass die Leistungen, wenn sie durch jPdöR ausgeführt werden, zu einer unternehmerischen Betätigung führen, wenn die Umsatzgrenze (Wettbewerbsgrenze von 17.500 EUR) des § 2b Abs. 2 Nr. 1 UStG überschritten ist.
Unabhängig davon, ob in einer Friedhofssatzung dafür eine gesonderte Gebühr berechnet wird, sind die folgenden Leistungen Nebenleistungen, die das Schicksal der Hauptleistung teilen:
- Bestattungsleistungen (Ausheben und Verfüllen der Grabstelle, Absenken des Sargs, Entsorgung von Kränzen);
- Pflege und Instandhaltung der Friedhofsanlagen, die dem Friedhofsträger vorbehalten sind;
- allgemeine Grabpflegeleistungen, die sich der Friedhofsträger vorbehält (z. B. bei Gemeinschaftsgrabanlagen);
- Genehmigungsgebühren für Grabmale, Ausnahmegenehmigungen etc.;
- Erstellung der Graburkunde;
- Leichentransport innerhalb des Friedhofs.
Keine Nebenleistungen, sondern eigenständig zu beurteilende Leistungen sind individuelle Grabpflegeleistungen an abgrenzbaren Grabstellen sowie das Aufstellen von Grabsteinen oder das Setzen von Grabeinfassungen.
Die Finanzverwaltung nimmt weiterhin zu den folgenden Leistungen Stellung:
- Aufbewahrung von Leichen (in Kühlräumen, Kühlzellen) sowie Nutzung von Feierhallen, Kapellen und Abschiedsräumen sollen grundsätzlich jeweils eigenständige Leistungen sein. Zu diesen Leistungen ausgeführte Leistungen – Reinigung der Räumlichkeiten, Beleuchtung und Heizung, Bereitstellen von Tonanlagen, Überlassung von Einrichtungsgegenständen, hygienische Totenversorgung, Entsorgung – sind dann aber Nebenleistungen, die das Schicksal der Hauptleistung teilen. Da diese Leistungen regelmäßig ohne Optionsmöglichkeit steuerfrei sind, wenn sie durch private Unternehmer erbracht werden, stellen diese Leistungen für jPdöR nichtunternehmerische Leistungen dar.
- Leistungen – insb. Bestattungsleistungen – im Zusammenhang mit bereits bestehenden Grabstätten (z. B. Umbettungen, Abräumen) sind regelmäßig selbstständige Leistungen, mit denen die jPdöR nicht in Konkurrenz zu privaten Wettbewerbern tritt, sodass diese Leistungen nicht unternehmerisch ausgeführt werden. Wenn diese Leistungen nach der Friedhofssatzung aber auch von privaten Unternehmern ausgeführt werden, beurteilt sich die Tätigkeit der jPdöR anhand der Wettbewerbsgrenze von 17.500 EUR.
- Wird aufgrund einer vertraglichen Regelung von einer kirchlichen jPdöR die Trägerschaft auf eine Kommune übertragen (samt Einrichtungen und Leichenhaus), erfolgt dies regelmäßig nichtunternehmerisch, wenn der Betrieb des Friedhofs nur durch jPdöR erfolgen kann. Soweit der Betrieb nach landesrechtlichen Vorschriften auch durch private Anbieter erfolgen kann, erfolgt die Prüfung der unternehmerischen Betätigung nach den wettbewerbsrechtlichen Vorgaben.
Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn bei Verträgen, die noch unter der Anwendung von § 2 Abs. 3 UStG bzw. innerhalb der Übergangsregelung des § 27 Abs. 22 und Abs. 22a UStG vor dem 1.1.2023 abgeschlossen wurden und die unter Anwendung des § 2b UStG steuerbar und steuerpflichtig wären, keine Nachversteuerung nach § 27 Abs. 1 UStG erfolgt. Soweit die jPdöR § 2b UStG anwenden, wird es für vor dem 1.1.2021 abgeschlossene Verträge über Grabnutzungsberechtigungen, Liegerechte bzw. das Recht zur Beisetzung ebenfalls nicht beanstandet, wenn keine Besteuerung erfolgt.
Konsequenzen für die Praxis
Die Frage der Behandlung des Friedhofs- und Bestattungswesen un...