Kommentar
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die bei der Veräußerung des ganzen Betriebs oder eines Teilbetriebs erzielt werden; als Teilbetrieb gilt auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Beteiligung das gesamte Nennkapital der Gesellschaft umfaßt ( § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG ). Da bei einer solchen Veräußerung die gesamten stillen Reserven aufgedeckt werden müssen, unterliegt der Veräußerungsgewinn gem. § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 1 EStG einem ermäßigten Steuersatz .
Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Aufgabe eines Betriebs ( § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG ) oder Teilbetriebs .
Wird eine Kapitalgesellschaft , an der eine 100%ige Beteiligung besteht, in der Weise aufgelöst und beendet, daß ihr Vermögen auf den Alleingesellschafter übertragen wird, so ist der hieraus beim Gesellschafter entstandene Gewinn tarifbegünstigt ( BFH, Urteil v. 15. 9. 1988, IV R 75/87 , BStBl 1991 II S. 624).
In den begünstigten Aufgabegewinn ist auch der Anspruch auf die Anrechnung der Körperschaftsteuer ( § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG ) einzubeziehen . Denn die Kapitalgesellschaft hat nicht nur das Nennkapital, sondern auch den der Körperschaftsteuer unterliegenden Liquidationsgewinn – um die Körperschaftsteuer gemindert – ausgeschüttet. Zweck des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens ist jedoch, die Vorbelastung des Gewinns der Kapitalgesellschaft mit Körperschaftsteuer zu beseitigen. Erst durch die Erhöhung des ausgeschütteten bzw. ausgekehrten Betrags um die Körperschaftsteuer wird erreicht, daß der Gewinn der Kapitalgesellschafter bei ihrem Gesellschafter in vollem Umfang besteuert wird.
Die einschränkende Regelung des § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG zur Liquidation von Kapitalgesellschaften bei wesentlicher Beteiligung im Privatvermögen ist nicht entsprechend anwendbar.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.04.1994, VIII R 2/93BFH, Urteil v. 19. 4. 1994, VIII R 2/93.
Hinweis:
Mit der das Urteil des FG Münster v. 13. 10. 1992 (EFG 1993 S. 377) und die überwiegende Meinung im Schrifttum bestätigenden Entscheidung weicht der BFH vom BMF, Schreiben v. 17. 7. 1991, ,BStBl I S.767 und einem Teil der Literatur (so L. Schmidt, EStG, 13. Aufl., § 16 Anm. 28) ab , wonach Ausschüttungen aus dem verwendbaren Eigenkapital EK 56/50 bis EK 03 zum laufenden Gewinn gehören sollen; letztere Ansicht ist nunmehr also überholt .
Veräußerungsgewinn