Prof. Dr. Andreas Herlinghaus
Leitsatz
1. Der schenkweise Erwerb eines Kommanditanteils unterfällt nur dann dem § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG vor 2009 i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG, wenn die Mitunternehmerstellung durch den erworbenen Gesellschaftsanteil vermittelt wird.
2. Es reichte daher nicht aus, wenn dem Erwerber hinsichtlich des erworbenen Kommanditanteils nur deshalb Mitunternehmerinitiative zukäme, weil er bereits Kommanditist der KG war – d.h. wenn sich seine bisherige Mitunternehmereigenschaft wegen Unteilbarkeit der Mitgliedschaft auf den hinzuerworbenen Anteil erstrecken sollte.
Normenkette
§ 13a Abs. 1, 2 und 4 Nr. 1 ErbStG vor 2009, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin sowie ihre Mutter (M) waren zwei von sechs Kommanditisten der X-GmbH & Co. KG (KG). M war zu 11,25 %, die Klägerin zu 42,40 % an der KG beteiligt. Die KG hatte zwei nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligte persönlich haftende Gesellschafter, nämlich eine natürliche Person sowie die Grundstücksgesellschaft Y-mbH (GmbH). Nur die GmbH war zur Vertretung der KG und zur Führung ihrer Geschäfte berufen. Neben den festen Kapitalkonten und einem gesamthänderisch gebundenen offenen Rücklagenkonto wurden für die Kommanditisten Darlehenskonten geführt. Die GmbH war als Geschäftsführerin berechtigt, bis zu 25 % des Jahresüberschusses dem Rücklagenkonto zuzuführen. Der restliche Gewinn wurde nach weiteren Abzügen entsprechend den festen Kapitalanteilen verteilt. Für Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehen, benötigte die GmbH einen zustimmenden Gesellschafterbeschluss. In der Gesellschafterversammlung gewährte jeweils 1 EUR eines festen Kapitalkontos eine Stimme. Gesellschafterbeschlüsse konnten mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden. In bestimmten Angelegenheiten war aber eine Mehrheit von 75 % sämtlicher Stimmen erforderlich.
Gesellschafter der GmbH waren die sechs Kommanditisten der KG mit Geschäftsanteilen in unterschiedlicher Höhe. Mit einer Ausnahme (Vorzugsstimmrecht) vermittelten je 100 DM eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterversammlung eine Stimme. Gesellschafterbeschlüsse kamen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zustande. Änderungen des Gesellschaftsvertrags bedurften einer Mehrheit von 75 % sämtlicher Stimmen.
Mit Schenkungsvertrag vom 04.12.2002 übertrug M ihren Kommanditanteil an der KG einschließlich ihres Anteils an den offenen Rücklagen und zuzüglich der Forderung aus ihrem Darlehenskonto sowie ihren Geschäftsanteil an der GmbH auf die Klägerin. Dabei behielt sie sich einen lebenslangen Nießbrauch an den übertragenen Beteiligungen vor. Der M sollten die Ergebnisanteile aus der übertragenen Kommanditbeteiligung nebst den Zinsen auf die Darlehensforderung sowie die anteiligen Gewinnausschüttungen der GmbH zugerechnet werden. Außerdem sollten ihr die mit der übertragenen Beteiligung an der KG verbundenen "Stimm- und sonstigen Verwaltungsrechte" zustehen. Im Fall einer Veräußerung der Beteiligungen sollte sich der Nießbrauch am "Netto-Veräußerungserlös" und ggf. an dessen Wiederanlage fortsetzen.
M erklärte, dass der Freibetrag gem. § 13a Abs. 1 ErbStG in voller Höhe von 256 000 EUR in Anspruch genommen werde. Das FA versagte jedoch die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG und setzte durch Bescheid vom 25.03.2004 bei einem Erwerb von 666 612 EUR und einer Vorschenkung aus dem Jahr 2000 i.H.v. 72 603 EUR unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Schenkungsteuer von 87 900 EUR fest. Davon stundete es wegen der Nießbrauchsbelastung einen Teilbetrag von 23 220 EUR, sodass zunächst nur 64 680 EUR zu zahlen waren.
Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin auf den Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG bestand, blieben erfolglos. Das FG (FG Münster vom 19.06.2008, 3 K 1086/06 Erb, Haufe-Index 2039224, EFG 2008, 1733) war der Ansicht, die Klägerin sei wegen der Ausgestaltung des vorbehaltenen Nießbrauchs nicht Mitunternehmerin geworden. Zwar habe sie ein Mitunternehmerrisiko getragen, sie könne jedoch wegen der M vorbehaltenen Stimm- und Verwaltungsrechte keine Mitunternehmerinitiative entfalten. Dem stehe die Einheitlichkeit ihrer durch den Hinzuerwerb vergrößerten Kommanditbeteiligung nicht entgegen. Ein Gesellschafter könne schuldrechtlich gehindert sein, "über Teile seines Anteils frei zu verfügen". Im Übrigen sei Erwerbsgegenstand eine Kommanditbeteiligung ohne die sonst damit verbundene Möglichkeit, Mitunternehmerinitiative zu entfalten
Entscheidung
Dem folgte im Ergebnis der BFH und wies die Revision der Klägerin aus den unter Praxis-Hinweise dargestellten Gründen zurück.
Hinweis
1. Nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG kommen die Vergünstigungen der Abs. 1 und 2 der Vorschrift in Betracht für inländisches Betriebsvermögen u.a. beim Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG. Dabei sind nach ständiger und gefestigter BFH-Rechtsprechung die genannten Steuervergünstigungen nur zu gewähren, wenn das von Todes wegen oder durch Schenkung unt...