OFD Kiel, Verfügung v. 20.12.1999, S 2139 b A - St 233
I. Die Auslegung des Begriffs Betriebseröffnung ist im Zusammenhang mit der Problematik der Rücklagenbildung von Bedeutung (siehe hierzu im einzelnen auch die nachstehende Gegenüberstellung)
Bei der Eröffnung eines Betriebs handelt es sich regelmäßig um einen Vorgang, der sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. So wird, um Betriebsausgaben bzw. Betriebseinnahmen zutreffend zu erfassen, auf die ersten Vorbereitungshandlungen, also auf den Beginn dieses Zeitraums abgestellt.
Für Zwecke der Gewerbesteuer ist dagegen auf das Ende dieses Vorgangs, nämlich auf den Zeitpunkt der Aufnahme der aktiven Beteiligung am Wirtschaftsleben, abzustellen. Der Begriff der Betriebseröffnung ist je nach dem Besteuerungs- bzw. Förderungsziel der Vorschrift, in der er verwendet wird, entsprechend deren Sinn und Zweck auszulegen (vgl. hierzu auch OFD Kiel vom 9.2.1998, S 2138 A – St 113).
Die Begünstigung durch die Rücklagenbildung ist – dem Gesetzeszweck entsprechend – betriebs- und investitionsbezogen und nicht personenbezogen auszulegen (siehe auch o.g. Vfg. der OFD Kiel vom 9.2.1998). Dementsprechend regelt die Nr. 1 letzter Satz des BMF-Schreibens vom 12.12.1996, IV B 2 – S 2138 – 37/96, BStBl 1996 I S. 1441, dass ein Betrieb erst eröffnet ist, wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebs vorhanden sind.
Diese für die Bildung von Rücklagen nach § 7 g Abs. 3 bis 6 EStG getroffene Regelung ist auch bei der Bildung von Rücklagen nach § 7 g Abs. 7 EStG anzuwenden. InR 83 Abs. 1 Satz 4 EStR 1998 findet sich für Sonderabschreibungen nach § 7 g Abs. 1, 2 EStG eine gleichlautende Regelung.
Zu der Frage, wann von dem Vorhandensein der wesentlichen Grundlagen des Betriebs auszugehen ist, ist auf die in dem BMF-Schreiben vom 12.12.1996, IV B 2 – S 2138 – 37/96 angeführte Entscheidung des BFH vom 10.7.1991, VIII R 126/86 (BStBl 1991 II S. 840) zurückzugreifen. Für den BFH ist dies der Fall, „wenn man vom Vorhandensein eines Betriebs sprechen kann”. Hierzu ist aufgrund bekannt gewordener Einzelfälle u.a. auf Folgendes hinzuweisen: Hängt bei einem Freiberufler die Niederlassung noch von dem Erreichen der beruflichen Qualifikation (z.B. Bestehen der StB-Prüfung) oder von einer besonderen Zulassung (z.B. Kassenzulassung bei einem Arzt) ab, so kann noch nicht von einer Betriebseröffnung gesprochen werden, wenn lediglich Büro-/Praxismöbel angeschafft worden sind.
II. Nach dem BMF-Schreiben vom 1.3.1999, IV C – S 2139 b – 7/99 (BStBl 1999 I S. 272) können Anträge auf Bildung einer Rücklage nach § 7 g Abs. 7 EStG (Rücklage für Existenzgründer) bearbeitet werden, soweit keine sensiblen Sektoren betroffen sind. Nach § 52 Abs. 11 Satz 4 EStG 1998 können Existenzgründer Rücklagen erstmals für Wirtschaftsjahre bilden, die nach dem 31.12.1996 beginnen. Es ist nicht bestimmt, dass Abs. 7 erst für nach dem 1.1.1997 erfolgte Existenzgründungen gilt. Somit können auch Steuerpflichtige, die ihren Betrieb vor dem 1.1.1997 eröffnet und sich am 31.12.1996 noch im fünfjährigen Gründungszeitraum des § 7 g Abs. 7 Satz 1 EStG befunden haben, innerhalb des restlichen Gründungszeitraums eine Rücklage nach § 7 g Abs. 7 EStG bilden. Eine derartige Rücklage vor dem 1.1.1997 ist aber nicht möglich.
III. Ein bundeseinheitliches Schreiben zur Problematik der Rücklagenbildung im Zusammenhang mit der Betriebseröffnung ist unter dem 8.6.1999 ergangen und im BStBl 1999 I S. 547 veröffentlicht worden. Regelungsinhalt dieses BMF-Schreibens ist die Bildung einer Rücklage nach § 7 g Abs. 3 bis 6 EStG bzw. einer Rücklage nach § 7 g Abs. 7 EStG vor dem Abschluss der Betriebseröffnung (vgl. auch dessen Überschrift).
Die damit eingeräumte Möglichkeit, schon vor der Eröffnung des Betriebs eine Rücklage bilden zu können, versteht sich als Billigkeitsmaßnahme, um den mit § 7 g Abs. 3 bis 7 EStG verfolgten Zweck zu erreichen, u.a. auch Erstinvestitionen zu begünstigen. Allerdings ist zu beachten, dass aus Billigkeitserwägungen eine Rücklage vor Betriebseröffnung nur für solche WG gebildet werden darf, die bereits verbindlich bestellt, mit deren Herstellung bereits tatsächlich begonnen bzw. für deren Herstellung bereits verbindlich eine Genehmigung beantragt worden ist. Im Übrigen wird zu den Folgerungen aus dieser Billigkeitsmaßnahme auf die n...