Leitsatz
Erbringt der Programmmanager eines Kundenbindungssystems entgeltliche Verwaltungsleistungen an Partnerunternehmen, an die er auch Prämienpunkte verkauft, die die Partnerunternehmer an ihre Kunden zur Einlösung beim Programmmanager ausgeben, führt der vergütungslose Verfall von Prämienpunkten dazu, dass sich das Entgelt für die Verwaltungsleistungen des Programmmanagers an die Partnerunternehmen nachträglich erhöht.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 17 Abs. 1 UStG
Sachverhalt
Die Klägerin war im Streitjahr 2006 Organträger einer GmbH. Die GmbH bot bereits seit mehreren Jahren ein Kundenbindungssystem für den Internethandel an. Die GmbH schloss dabei mit Partnerunternehmen Vereinbarungen ab, nach denen die Partnerunternehmen ihren Kunden Prämienpunkte beim Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen gewähren konnten. Die Kunden konnten die Prämienpunkte nur bei der GmbH, nicht aber beim Partnerunternehmen zum Erwerb von Prämien (Sach- und Dienstleistungen) einlösen. Die GmbH war dabei auf eigene Rechnung tätig. Jedes Partnerunternehmen hatte an die GmbH eine Vergütung zu zahlen, die sich aus einem gleichhohen Festbetrag als Einlösewert der Prämienpunkte und einer variablen, individuell mit jedem Partnerunternehmen vereinbarten Servicefee (Dienstleistungsgebühr) zusammensetzte. Der Einlösewert entsprach dem Gegenwert, den der Kunde bei Einlösung der Prämienpunkte als Sach- oder Dienstleistungsprämie erhielt, während die Servicefee die organisatorische Abwicklung des Kundenbindungssystems und somit Service- und Managementleistungen vergütete.
Im Jahr 2006 versteuerte die Klägerin die an die Partnerunternehmen ausgegebenen Prämienpunkte ebenso wie in den Vorjahren nur insoweit, als die Kunden die ihnen von den Partnerunternehmen gewährten Prämienpunkte einlösten und die GmbH aufgrund der Einlösung Sach- oder Dienstleistungsprämien an die Kunden ausgab. Den Einlösewert der Prämienpunkte versteuerte die Klägerin nach dem durch die übertragene Prämie ausgelösten Steuersatz. Die durch die Servicefee vergütete Verwaltungsleistung versteuerte die Klägerin, soweit die GmbH Servicefee-Leistungen an inländische Unternehmer erbracht hatte.
Nach den AGBs der GmbH verfielen die Prämienpunkte nach Ablauf von drei Jahren, sodass sie dann nicht mehr in Prämien umgetauscht werden konnten. Aus dem Verfall ergab sich für das Partnerunternehmen, das diese Prämienpunkte gegen Zahlung erworben hatte, kein Erstattungsanspruch. Das FA ging davon aus, dass auch im Umfang des Verfalls von Prämienpunkten ein Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung vorliege. Die Klage beim FG hatte keinen Erfolg (FG Münster, Urteil vom 14.11.2017, 15 K 281/14 U, Haufe-Index 11591385, EFG 2018, 316).
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Klageabweisung.
Hinweis
1. Bei einem Kundenbindungsprogramm kommt es nicht bereits durch die Gewährung von Prämienpunkten, sondern erst mit ihrer Einlösung im Rahmen einer Prämiengewährung zu steuerbaren und im Inland steuerpflichtigen Leistungen.
Besteht ein Kundenbindungsprogramm, z.B. zwischen zwei Unternehmen und den Kunden, kann ein sog. Programmmanager Prämienpunkte an ein Handels- oder Dienstleistungsunternehmen (Handelsunternehmen) verkaufen, das die Prämienpunkte dann seinen Kunden beim Erwerb seiner Produkte ohne gesondert berechnetes Entgelt zur Verfügung stellt. Löst der Kunde Prämienpunkte zum Erwerb von Sach- oder Dienstleistungsprämien (Prämien) ein, handelt es sich hierbei um eine steuerbare und im Inland steuerpflichtige Leistung, bei der die Zahlung des Handelsunternehmens für den Punkteerwerb ein Drittentgelt für die Prämiengewährung ist.
2. Zur Verwaltung des Prämienprogramms kann der Programmmanager zudem entgeltliche Verwaltungsleistungen erbringen.
3. Lassen Kunden Prämienpunkte, die nur innerhalb bestimmter Zeiträume in Prämien eingetauscht werden können, verfallen, stellt sich die Frage, ob die Zahlungen des Handelsunternehmens für die verfallenen Punkte ein zusätzliches Entgelt für die Verwaltungsleistung sind. Der BFH bejaht dies.
Der BFH lässt es hierfür ausreichen, dass zwischen dem Programmmanager und dem Handelsunternehmen Einvernehmen darüber besteht, dass Kunden die ihnen zugewendeten Prämienpunkte nicht in vollem Umfang einlösen. Der BFH begründet dies ergänzend mit einer Bezugnahme auf die wirtschaftliche Realität. Dies ist dahingehend zu verstehen, dass kaufmännisch geführte Unternehmen nichts verschenken.
4. Folge dieser Betrachtungsweise ist neben einer erweiterten Steuerpflicht für den Programmmanager ein im gleichen Umfang erhöhter Vorsteuerabzug beim Handelsunternehmen. Für beide sind Berichtigungen nach § 17 Abs. 1 UStG vorzunehmen. Für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs kommt es dabei nicht auf eine korrespondierende Rechnungsberichtigung an.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.6.2019 – V R 64/17