Leitsatz
Es ist weder im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtliche Niederlassungsfreiheit noch verfassungsrechtlich zu beanstanden, dass beim Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in einem Drittstaat von Todes wegen weder der gegenstandsbezogene Freibetrag noch der verminderte Wertansatz gelten.
Sachverhalt
Die Klägerin ist Erbin einer 100%-igen Beteiligung an einer kanadischen Kapitalgesellschaft. Das Finanzamt hat im Erbschaftsteuerbescheid die Vergünstigungen des § 13a ErbStG (Freibetrag i.H.v. 225.000 EUR und um 35 % verminderter Wertansatz) nicht gewährt. Hiergegen wurde Einspruch eingelegt mit der Begründung, dass die unterlassene Gewährung der Begünstigungen des § 13a ErbStG bei Drittlandsbeteiligungen einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht darstelle. Insbesondere wurde angeführt, dass die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten gelte. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen, da zunächst ausschließlich inländische Kapitalgesellschaften begünstigt seien; aufgrund der EuGH-Rechtsprechung seien darüber hinaus die Vergünstigungen des § 13a ErbStG auch bei innergemeinschaftlichen Vermögenserwerben zu gewähren. Eine Anwendung auf den Erwerb von in Drittländern belegenem Vermögen sei nicht vorgesehen.
Entscheidung
Die Klage ist unbegründet. Beim Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Drittstaaten von Todes wegen gelten weder der gegenstandsbezogene Freibetrag noch der verminderte Wertansatz. Diese Ungleichbehandlung ist weder gemeinschaftsrechtlich im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit noch verfassungsrechtlich im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG zu beanstanden. Nach Auffassung des Gerichts ist im Streitfall die Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EG als unvermeidliche Konsequenz einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG anzusehen. Dies hat zur Folge, dass § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG von vornherein nicht am Maßstab des Art. 56 EG zu prüfen ist. Aus diesem Grund ist § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG nur am Maßstab der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG zu prüfen. Da vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG nicht die Niederlassung in Drittstaaten umfasst wird, liegt kein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht vor.
Hinweis
Das Urteil ist von hoher Wichtigkeit für die Praxis, da das Finanzgericht ausdrücklich einräumt, dass ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht vorläge, wenn man eine Prüfung des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG (auch) am Maßstab des Art. 56 EG für geboten hielte. Da die Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 56 Abs. 1 EG alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern verbietet, bewirkt eine zukünftige höhere Erbschaftsteuerbelastung eine nach den Bestimmungen der EU nicht gerechtfertigte Beschränkung des Kapitalverkehrs. Da Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen wurde, ist die endgültige Entscheidung des BFH abzuwarten.
Link zur Entscheidung
FG Bremen, Urteil vom 28.10.2009, 3 K 34/09 (1)