vorläufig nicht rechtskräftig
Beschwerde eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerklasse: Arbeitnehmer in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft
Leitsatz (redaktionell)
- Der Ausschluss eines Stpfl. als Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft von der Anwendung der Regelungen über die Eintragung von LSt-Klassen und nachfolgend vom Ehegatten-Splitting ist verfassungswidrig.
- Nach dem Beschluss des BVerfG vom 21.7.2010 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 (DStR 2010, 1721) müssen die Regelungen über das Ehegattensplitting und die Eintragung von LSt-Klassen auch für Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gelten.
Normenkette
EStG § 38b S. 2 Nr. 3a, §§ 26, 26b; GG Art. 6
Streitjahr(e)
2010
Nachgehend
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antraggegners zur Änderung der Lohnsteuerkarte.
Der Antragsteller ist im Jahr 2008 mit seinem Lebenspartner eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen. Er erzielt als Polizist Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sein Lebenspartner erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die beiden Lebenspartner leben nicht dauernd getrennt und sind beide unbeschränkt steuerpflichtig.
Am 04.12.2009 beantragte der Antragsteller die Änderung der Steuerklasse für das Jahr 2010 beim Antragsgegner. Dieser lehnte die Eintragung der Steuerklasse III auf der Lohnsteuerkarte mit Bescheid vom 26.01.2010 ab. Den Einspruch gegen die Ablehnung wies der Antragsgegner durch Einspruchsentscheidung vom 23.03.2010 als unbegründet zurück. Dagegen hat der Antragsteller beim erkennenden Senat Klage unter dem Aktenzeichen 13 K 121/10 erhoben.
Mit Schriftsatz vom 01.10.2010 beantragte der Antragsteller beim FG im Wege der einstweiligen Anordnung den Beklagten einstweilen zu verpflichten, die Steuerklasse auf der Lohnsteuerkarte 2010 in Steuerklasse III zu ändern. Der Antragsteller meint, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht eine Gleichbehandlung von Lebenspartnern und Eheleuten erforderlich sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 01.10.2010 (Bl. 1 FGA) verwiesen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, in die Lohnsteuerkarte 2010 des Antragstellers die Lohnsteuerklasse III einzutragen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Aufgrund der gesetzlichen Regelung sei dem Antrag des Antragstellers nicht zu entsprechen. Eine verfassungskonforme Auslegung komme ebenfalls nicht in Betracht. Zudem könne kein vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden, weil darin eine Vorwegnahme der Hauptsache liege. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 14.10.2010 (Bl. 15 FGA) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Lohnsteuerkarte 2010 des Antragstellers mit Wirkung ab dem 01.01.2010 hinsichtlich der Lohnsteuerklasse dahingehend zu ändern, dass die Lohnsteuerklasse III eingetragen wird.
1. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch. Treten bei einem Arbeitnehmer im Laufe des Kalenderjahres, für das die Lohnsteuerklasse gilt, die Voraussetzungen für eine ihm günstigere Steuerklasse ein, so kann der Arbeitnehmer bis zum 30.11. bei der Gemeinde und in bestimmten Fällen beim Finanzamt die Änderung der Eintragung beantragen. Gemäß § 38 b S. 2 Nr. 3 a) EStG gehören in die Steuerklasse III Arbeitnehmer, die verheiratet sind, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben und der Ehegatte des Arbeitnehmers keinen Arbeitslohn bezieht.
a) Zwar liegen diese Voraussetzungen nicht vor, soweit die Regelung das Bestehen einer Ehe voraussetzt. So besteht nach allgemeiner Meinung nach der gesetzlichen Regelung kein Anspruch auf Zusammenveranlagung, weil der Gesetzgeber dieses Verfahren nach §§ 26, 26b EStG ausdrücklich auf Ehegatten beschränkt hat (BFH-Urteile in BFHE 212, 236, BStBl II 2006, 515 und vom 20. Juli 2006 III R 8/04, BFH/NV 2006, 1966). Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sind vom Wortlaut der Vorschriften nicht erfasst. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften ist mangels einer unbewussten Regelungslücke des Gesetzgebers gleichfalls nicht geboten (BFH-Urteil in BFHE 212, 236, BStBl II 2006, 515). Dies gilt ebenso für die Vorschriften zum Quellensteuerabzug bei Arbeitnehmern, die dieselbe Unterscheidung vornehmen.
b) Der Anordnungsanspruch ergibt sich jedoch aus dem Verbot des gleichheitswidrigen Ausschlusses von eingetragenen Lebenspartnern an der Teilnahme von begünstigenden steuerrechtlichen Regelungen, die auch Ehegatten gewährt werden, soweit diese allein an den Status der Eheschließung anknüpfen. Der Ausschluss des Antragstellers als Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft von der Anwendung der Regelungen über die Eintragung von Lohnsteuerklassen und nachfolgend auch des Ehegattensplittings ist nach Auffassung des erkennenden Senats jedoch verfassungswidrig. In Fällen, in ...