Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Vorsteuerabzugs bei einer Publikumsgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
- Bestimmt sich die Vorsteuerabzugsberechtigung für den Fall, dass ein Steuerpflichtiger gleichzeitig einer unternehmerischen und einer nichtunternehmerischen Tätigkeit nachgeht, nach dem Verhältnis der steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze einerseits zu den steuerbaren und steuerfreien Umsätzen andererseits oder ist der Vorsteuerabzug nur insoweit zulässig, als die mit der Ausgabe von Aktien und stillen Beteiligungen verbundenen Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin i.S. des Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG zuzurechnen sind?
- Für den Fall, dass ein Vorsteuerabzug nur insoweit zulässig ist, als die mit der Ausgabe von Aktien und stillen Beteiligungen verbundenen Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind: Ist die Aufteilung der Vorsteuerbeträge in einen unternehmerischen und einen nichtunternehmerischen Bereich nach einem sog. „Investitionsschlüssel” vorzunehmen oder ist in entsprechender Anwendung des Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG auch ein „Umsatzschlüssel” sachgerecht?
Normenkette
EGV Art. 234; Richtlinie 77/388/EWG Art. 17 Abs. 5; Richtlinie 77/388/EWG 77/388 Art. 2
Streitjahr(e)
1994
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im 2. Rechtsgang über den Umfang der Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin.
Die Klägerin – Rechtsnachfolgerin der V-AG - betrieb im Streitjahr 1994 den Erwerb, die Verwaltung und die Verwertung von Immobilien, Wertpapieren, Beteiligungen und Vermögensanlagen jeglicher Art. Das hierfür erforderliche Kapital erwarb sie durch Ausgabe von Aktien und atypisch stillen Beteiligungen. Dabei nahm sie in der Art einer Publikumsgesellschaft eine Vielzahl stiller Gesellschafter auf.
Im Streitjahr erzielte die Klägerin steuerpflichtige Umsätze i.H.v. 2.959.800,10 DM. Der Gesamtumsatz der Klägerin belief sich auf 6.480.006,60 DM. Hierin enthalten waren Dividendenerträge von 226.641,89 DM und Erträge aus der Veräußerung von Wertpapieren von 1.389.930,72 DM, insgesamt also 1.616.572,61 DM.
Von den Vorsteuerbeträgen (insgesamt 6.838.535,68 DM) waren 6.161.679,37 DM nicht bestimmten Ausgangsumsätzen zuzuordnen. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) ließ diejenigen Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen für die Ausgabe atypisch stiller Beteiligungen entfielen gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 iVm § 4 Nr. 8 Buchstabe f) UStG nicht zum Abzug zu (4.171.424,70 DM). Diesen Betrag zog das FA von dem Gesamtbetrag der Vorsteuerbeträge ab. Nach weiterem Abzug der den Vermietungsumsätzen der Klägerin zuzurechnenden Vorsteuerbeträge von 676.856,31 DM verblieben nach Meinung des FA nicht direkt bestimmten Ausgangsumsätzen zuzurechnende Vorsteuerbeträge von 1.990.254,67 DM. Davon erkannte das FA den mit einem Schlüssel von 45,68 v.H. ermittelten Anteil an, so dass sich abziehbare Vorsteuerbeträge i.H.v. 1.567.616,74 DM und ein Erstattungsbetrag für das Streitjahr von 1.123.647,00 DM ergab.
Gegen diese Entscheidung hatte die Klägerin Klage erhoben, über die der erkennende Senat mit Urteil vom 18.10.2001 (Az. 5 K 436/96) entschieden hat.
I. Urteil des Niedersächsischen FG v. 18.10.2001 – 5 K 436/96 -
Der Senat hat darin die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das FA habe zu Recht die Aufwendungen, die der Klägerin im Zusammenhang mit der Ausgabe atypisch stiller Beteiligungen entstanden seien, den steuerfreien Umsätzen zugerechnet und die entsprechenden Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht zum Abzug zugelassen. Der erkennende Senat hatte darauf verwiesen, dass sowohl der vom FA als auch der von der Klägerin angewandte Investitionsschlüssel nicht sachgerecht erscheine und diesen mit 30,73 v.H. angesetzt. Daraus errechnete der Senat abziehbare Vorsteuerbeträge von 1.270.073,67 DM. Da dieser Betrag noch niedriger war als die vom FA angesetzten Vorsteuerbeträge (1.567.616,74 DM) hat er die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Gegen diese Entscheidung wandte sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision an den BFH. Mit Beschluss vom 08.04.2003 (V B 209/01) ließ der BFH die Revision gegen die Entscheidung des Senats vom 18.10.2001 zu. Mit Urteil vom 18.11.2004 (V R 16/03) hat der BFH auf die Revision der Klägerin das Urteil des Senats vom 18.10.2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
II. Urteil des BFH v. 18.11.2004 – V R 16/03 - Zurückweisung an das FG -
In seiner zurückweisenden Entscheidung hat der BFH ausgeführt, der erkennende Senat habe zu Unrecht den streitigen Vorsteuerabzug unter Berufung auf § 15 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 8 Buchstabe f) UStG versagt. Auch die Vorsteueraufteilung nach einem sog. „Investitionsschlüssel” sei nicht zutreffend.
Zur Begründung hat der BFH ausgeführt: Die Klägerin habe bei der Au...