Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbausschlagung für Minderjährige und Beschränkung der Erbenhaftung
Leitsatz (redaktionell)
- Bei Minderjährigen muss die Erbausschlagung durch den gesetzlichen Vertreter erklärt werden; einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf es nicht.
- Die Beschränkung der Erbenhaftung ist vom Erben erst im Zwangsvollstreckungsverfahren einwendungsweise geltend zu machen. Im Steuerfestsetzungsverfahren ist die Einrede unbeachtlich.
Normenkette
BGB §§ 1943-1944; AO § 265; ZPO § 781
Streitjahr(e)
1992
Tatbestand
Die Parteien streiten im Hauptsacheverfahren 3 K 137/04, ob die Antragstellerin als Gesamtrechtsnachfolgerin nach ihrem am 18.12.1992 verstorbenen Vater V für dessen aus einer Erbschaft nach dem am 23.03.1991 verstorbenen A stammenden Erbschaftsteuerschulden zu haften hat.
Die Antragstellerin war zum Zeitpunkt des Todes des Vaters erst 13 Jahre alt. Nach dem am 04.10.1999 vom Nachlassgericht erteilten Erbschein waren gesetzliche Erben die Mutter zu ½ sowie die Antragstellerin und ihre beiden Geschwister zu je 1/6.
Die Antragstellerin trägt vor, ob die Mutter für sie die Erbschaft angetreten habe, könne sie nicht beurteilen.
Erstmals mit Erbschaftsteuerbescheid vom 30.07.2004 setzte der Antragsgegner gegen die Antragstellerin Erbschaftsteuer in Höhe von € 3.489,57 fest.
Da der Antragsgegner Aussetzung der Vollziehung ablehnt, begehrt die Antragstellerin gerichtlichen Rechtsschutz.
Der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid sei gegen sie als Rechtsnachfolgerin nach ihrem Vater ergangen. Ob er der Höhe nach richtig sei, könne sie nicht beurteilen.
Sie wisse aber, dass der Nachlass ihres verstorbenen Vaters total überschuldet gewesen sei und ihre Mutter aufgrund einer Bürgschaft sogar noch Schulden aus ihrem Privatvermögen habe tilgen müssen. Es werde deshalb die Unzulänglichkeitseinrede nach § 1990 BGB erhoben.
Es werde zudem die Einrede der Verjährung und der Verwirkung erhoben, da sie erstmals mit Bescheid vom 30.07.2003 von den Erbschaftsteuerschulden des Vaters erfahren habe.
Die Antragstellerin beantragt,
Aussetzung der Vollziehung der Erbschaftsteuern zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Festsetzung der Erbschaftsteuer sei wegen Steuerhinterziehung durch den Vater bei Bescheiderteilung noch nicht verjährt. Der Vater sei aufgrund des Erbfalles nach A gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG verpflichtet gewesen, binnen einer Frist von drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Erbfall die Erbschaft gegenüber der Finanzbehörde anzuzeigen.
Da er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, gelte die verlängerte Verjährungsfrist von zehn Jahren nach § 169 Abs. 2 AO in Verbindung mit § 371 Abs. 1 Nr. 2 AO. Sie habe gemäß § 108 Abs. 1 AO in Verbindung mit § 187 Abs. 1 BGB und § 170 Abs. 2 Satz 1 N1. 1 2. Alt. AO am 1.1.1994, mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgte, in dem die Steuer entstanden ist (23.03.1991) begonnen und endete am 31.12.2003. Der Erbschaftsteuerbescheid sei daher in unverjährter Zeit ergangen.
Die Einrede der Unzulänglichkeit des Nachlasses gemäß § 1990 BGB könne nicht im Festsetzungsverfahren, sondern erst im Zwangsvollstreckungsverfahren geltend gemacht werden.
Beide Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erteilt.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist unbegründet.
1. Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454 und vom 30. Dezember 1996 I B 61/96, BStBl II 1997, 466). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Die Antragstellerin ist als gesetzliche Erbin neben ihrer Mutter (Zugewinngemeinschaft) und ihren beiden Geschwistern Erbin zu 1/6 nach ihrem am 18.12.1992 verstorbenen Vater geworden.
Bei Minderjährigen Erbausschlagung durch gesetzlichen Vertreter zu erklären
Gemäß § 1943 BGB kann der Erbe die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat oder wenn die Frist für die Ausschlagung verstrichen ist. Bei Minderjährigen ist die Ausschlagung durch den gesetzlichen Vertreter zu erklären, einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf es nicht (Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.08.2002 8 WF 159/02, OLGR...