Entscheidungsstichwort (Thema)
Heraufsetzung des Höchstbetrags der Steuerermäßigung nach §35a EStG erst mit Wirkung ab VZ 2009
Leitsatz (redaktionell)
- Die sog. Kleinbetragsverordnung ist rechtswidrig, soweit sie Änderungen zum Vorteil des Stpfl. ausschließt. Die Regelung überschreitet die natürlichen Grenzen des Wortlauts der Ermächtigungsgrundlage in § 156 Abs. 1 AO.
- Die Heraufsetzung des Höchstbetrags der Steuerermäßigung gemäß § 35a EStG ist erst mit Wirkung ab VZ 2009 erfolgt. Das folgt aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes, insbesondere aus der Anwendungsregelung in § 52 Abs. 50b Satz 5 EStG.
Normenkette
EStG §§ 35a, 52 Abs. 50b S. 5; KBVO § 1 Abs. 1; AO § 156 Abs. 1
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob für die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen im Sinne des § 35a EStG schon ab 2008 ein Höchstbetrag von 1.200,- € zur Anwendung kommt und ob höhere Sonderausgaben für steuerbegünstigte Zwecke zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 machten sie Zuwendungen für Steuerbegünstigte Zwecke gem. § 10 b EStG in Höhe von 145,- € sowie die Steuerermäßigung gem. § 35a EStG für Handwerkerleistungen in Höhe von 3.483,- € geltend. Die Zuwendungen für steuerbegünstigte Zwecke setzten sich laut Erklärung wie folgt zusammen: Spende an den TSV B.: 100,- €, Spende der Klägerin an den Feuerwehrverein B. : 30,- €, drei Spenden von jeweils 5,- € an SOS Kinderdorf, DRK, Blindensammlung.
Der Einkommensteuererklärung war eine Bescheinigung über die Spende an den TSV B. beigefügt, nicht aber ein Beleg über die übrigen Spenden im Volumen von 45,- €. Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist unstreitig, dass die Kläger die Voraussetzungen für den Abzug der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen dem Grunde nach dargetan haben.
Der Beklagte ging davon aus, dass zur Steuerermäßigung nach § 35a EStG berechtigende Handwerkerleistungen in Höhe von 3.435,- € vorgelegen hätten. Deshalb berücksichtigte er im Einkommensteuerbescheid 2008 vom 22. Juni 2009 die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen mit dem – seiner Auffassung nach – gesetzlichen Höchstbetrag von 600,- €. Bei den Sonderausgaben ließ der Beklagte lediglich einen Betrag von 100,- € zum Abzug zu, weil für die weiteren Spenden keine Zuwendungsbescheinigung vorgelegt worden sei.
Am 21. Juli 2009 ging beim Beklagten ein Schreiben der Kläger vom 18. Juli 2009 ein, das wie folgt lautet:
„Beigefügt erhalten Sie eine Zuwendungsbestätigung mit der Bitte um schlichte Änderung. Weiterhin legen wir vorsorglich Einspruch ein. Die Begründung reichen wird nach.” Beigefügt war eine Zuwendungsbestätigung des Feuerwehrvereins B., die allerdings nicht dem amtlichen Muster entsprach. Da die angekündigte weitere Einspruchsbegründung nicht einging, erließ der Beklagte am 24. September 2009 einen als „Einspruchsbescheid” überschriebenen Bescheid mit folgendem Entscheidungstenor: „Entscheidung über den Einspruch vom 21. Juli 2009 der Herrn und Frau G. und B. M.: Der Antrag auf eine Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO wird abgelehnt. Im Übrigen wird der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.” Begründet hat der Beklagte seine Entscheidung damit, dass die nachgereichte Zuwendungsbestätigung zu einer Änderung der Steuerfestsetzung von weniger als 10,- € führe und deshalb nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Kleinbetragsverordnung unterbleibe.
Mit ihrer dagegen gerichteten Klage begehren die Kläger weiterhin, die nicht anerkannten Spenden in Höhe von 45,- € zu berücksichtigen. Für die Spende an den Feuerwehrverein B. haben die Kläger eine weitere Zuwendungsbescheinigung eingereicht, die nunmehr dem amtlichen Vordruck entspricht. Die Kläger räumen ein, dass es sich bei den drei Spenden zu je 5,- € um an der Haustür gegebene Barspenden handele, für die sie über keine Zuwendungsbescheinigung – und auch keinen anderen Nachweis - verfügten. Die Kleinbetragsverordnung stehe einer Änderung des Bescheides nicht entgegen, weil der Beklagte die Spenden von vornherein hätte anerkennen können.
Daneben sei eine höhere Steuerermäßigung nach § 35a EStG anzusetzen. Sie verweisen auf eine in der Literatur vertretene Rechtsmeinung, wonach die Erhöhung des Förderhöchstbetrages von 600,- € auf 1.200,- € durch das Gesetz zur Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung vom 21. Dezember 2008 infolge einer Gesetzgebungspanne bereits in 2008 und nicht – wie vom Gesetzgeber beabsichtigt – erst 2009 in Kraft getreten sei. Da die Kläger in 2008 noch weitere – von ihnen allerdings nicht belegte – Aufwendungen getragen hätten (TÜV Nord: 110,79 €, Schornsteinfeger: 52,55 €), würde sich die die Bemessungsgrundlage der Steuerermäßigung auf 3.597,84 € belaufen. Die Steuerermäßigung betrage somit 719,- €.
Schließlich verwiesen die Kläger auf ein Verfahren betreffend die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags. Dieser Streitpunkt hat sich a...