Entscheidungsstichwort (Thema)
Leasing: Wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers bei Andienungsrecht des Leasinggebers
Leitsatz (redaktionell)
- Die ertragsteuerliche Behandlung von Leasingverträgen hängt davon ab, ob der Leasingnehmer Mieter oder wirtschaftlicher Eigentümer des WG ist.
- Die Frage, ob der Leasingnehmer wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingguts geworden bzw. – im Fall des Sale-and-lease-back – geblieben ist, hängt davon ab, ob er die tatsächliche Herrschaft über das WG in der Weise ausübt, dass er den Leasinggeber als zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann.
- Ein wirtschaftlicher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers ist anzunehmen, wenn seinem Herausgabeanspruch gegen den Leasingnehmer keine wirtschaftliche Bedeutung mehr zukommt.
- Vor allem in den Fällen des sog. Spezial-Leasings ist der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer zuzurechnen.
- Für den Fall eines Andienungsrechts des Leasinggebers ist darauf abzustellen, ob bei Ablauf der Grundmietzeit mit dessen Ausübung zu rechnen ist. Das ist zu bejahen, wenn dessen Bedingungen für ihn so vorteilhaft sind, dass keine wirtschaftlich gleichwertige Alternativverwertung in Betracht kommt.
- Ist das wirtschaftliche Eigentum am Leasinggegenstand dem Leasingnehmer zuzurechnen, ist das Leasingverhältnis steuerrechtlich regelmäßig als Ratenkaufvertrag zu qualifizieren.
Normenkette
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1
Streitjahr(e)
2007
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums an Leasinggegenständen im Rahmen von Sale-and-lease-back-Gestaltungen.
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft. Einziger Kommanditist ist Herr H mit einer Kommanditeinlage von 160.000 EUR. Einzige persönliche haftende Gesellschafterin war zunächst die A Geschäftsführungs-GmbH in R. Nachdem das Amtsgericht F mit Beschluss vom 1. Dezember 2008 über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet hatte, schied sie aus der Gesellschaft aus. An ihrer Stelle trat die M Geschäftsführungs-GmbH mit Sitz in V als persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft ein.
Gegenstand des von der Klägerin betriebenen Unternehmens ist das Verleasen von Wirtschaftsgütern. Leasingnehmer waren im Streitjahr 2007 die O und die L.
Die O stellte aus erworbenen Komponenten elektronische Informationssysteme bestehend aus Plasmabildschirmen, Medienrechnen und Wandhalterungen zusammen, die zur Ausstrahlung von Informationsprogrammen und Werbesendungen an werbewirksamen Standorten aufgestellt wurden. Für die Bildschirme und die Medienrechner gewährte der Hersteller eine vierjährige Garantie.
Durch zwei Lieferantenkreditverträge erwarb die Klägerin dreizehn dieser Informationssysteme zum Preis von jeweils 9.600 EUR zuzüglich 1.824 EUR Umsatzsteuer. Auf die Rechnungsbeträge von 137.088 EUR bzw. 11.424 EUR zahlte die Klägerin Teilbeträge von 67.968 EUR bzw. 5.664 EUR. In Höhe der Restkaufpreise von 69.120 EUR bzw. 5.760 EUR gewährte die O der Klägerin Darlehen, die diese mit 4,5 Prozent pro Jahr zu verzinsen hatte. Die Darlehen sollten in 48 gleichbleibenden Raten von 1.576,22 EUR bzw. 131,35 EUR getilgt werden. Aufgrund von Leasingverträgen überließ die Klägerin die erworbenen Informationssysteme der Verkäuferin zur Nutzung. Die Leasingverträge hatten eine Laufzeit von 48 Monaten. Die monatliche Leasingrate pro Gerät belief sich auf 235,02 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Schließlich schloss die Klägerin mit der O Rückkaufvereinbarungen ab. Danach war diese auf Verlangen der Klägerin verpflichtet, die Leasingobjekte bei Beendigung des Leasingvertrags zurückzukaufen. Bei Ausübung des Rückkaufverlangens zum Ende der vereinbarten Leasinglaufzeit sollte der Rückkaufpreis 20 Prozent des Nettoverkaufspreises abzüglich eventueller Zulassungs- und Überführungskosten betragen. Wegen der weiteren Einzelheiten der getroffenen Vereinbarungen wird auf die Anlagen K 5 bis K 7 zu dem Schriftsatz der Klägerin vom 24. Oktober 2011 (Blatt 51 bis 55 Band I der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Durch Beschluss des Amtsgerichts N wurde über das Vermögen der O das Insolvenzverfahren eröffnet. Zwischen dem Insolvenzverwalter und den von der M Geschäftsführungs-GmbH vertretenen Kommanditgesellschaften, darunter auch die Klägerin, wurde im Jahr 2010 ein Vergleich geschlossen, durch den diese auf die Geltendmachung sämtlicher ausstehender Leasingraten und aller sonstigen Ansprüche, insbesondere solcher aus einer eventuellen Kündigung der Verträge in Verbindung mit der Rückkaufvereinbarung, verzichteten. Im Gegenzug verzichtete der Insolvenzverwalter auf die Geltendmachung sämtlicher ausstehender Darlehensansprüche und sonstiger Ansprüche, insbesondere solcher aus dem Eigentum an den überlassenen Bildschirmen und Medienrechnern. Wegen der Einzelheiten der getroffenen Vereinbarung wird auf die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 25. Juni 2013 vorgele...