vorläufig nicht rechtskräftig
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbefreiung für heilpädagogische Leistungen eines Subunternehmers?
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Steuerfreiheit von Leistungen von Heilpädagogen nach § 4 Nr. 14 UStG.
- Die Leistungen von Heilpädagogen können sowohl Heilbehandlungen als auch nichtmedizinische Hilfen im Bereich der Lebensführung sein.
- Heilbehandlungen sind derartige Leistungen, wenn sie direkt an der Krankheit und deren Ursachen ansetzen.
- Als Indiz für eine Heilbehandlung kann der Abrechnungsmodus gegenüber der GmbH, nämlich nach den Leistungsnummern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die Abrechnung der Vertragsärzte, herangezogen werden.
- Leistungen einer geprüften Heilpädagogin sind nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerbefreit, auch wenn sie nicht gegenüber einem Träger der Eingliederungshilfe, sondern als Subunternehmer für eine Gesellschaft tätig wird, die ihrerseits gegenüber dem Träger der Eingliederungshilfe abrechnet.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14 Buchst. a; Richtlinie 2006/112/EG Art. 132 Abs. 1 Buchst. g
Streitjahr(e)
2011
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin im Streitjahr 2011 aus ihrer selbständigen Tätigkeit als geprüfte Heilpädagogin steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 a oder Nr. 16 Buchst. h Umsatzsteuergesetz (UStG) bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst g der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) ausgeführt hat.
Die Klägerin ist geprüfte Heilpädagogin. Auf Grundlage eines mit der Lebenshilfe L gemeinnützige GmbH (GmbH) am xxx 2006 geschlossenen Vertrags über freie Mitarbeit wurde sie von der Gesellschaft mit der fachgerechten Durchführung von heilpädagogischen Frühförderungsmaßnahmen beauftragt. Nach § 3 des Vertrages erfasste ihr Aufgabenbereich folgende Bereiche: die unmittelbar mit dem Kind durchzuführende heilpädagogische Einzelförderung und deren Dokumentation, die Beratung und Begleitung der Eltern, die notwendige interdisziplinäre Kooperation, das Abfassen und die Fortschreibung von Förderplänen, die Erstellung von Entwicklungsberichten, die im Kostenanerkenntnis gefordert sind, die Erstellung eines Abschlussberichts bei Beendigung der Frühfördermaßnahme und das Führen des Nachweises der Leistungserbringung. Als Vergütung erhielt die Klägerin von der GmbH für jede nachgewiesene Fachleistungsstunde ein Honorar von 40 € zuzüglich einer Kilometerpauschale von 0,27 € pro gefahrenen Kilometer. Die GmbH rechnete die Leistungen gegenüber dem Träger der Sozialhilfe als Eingliederungshilfe mit einem vereinbarten Pflegesatz nach §§ 53, 54 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) i. V. m. §§ 55 Abs. 2 Nr. 2, 56 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) ab. Im Streitjahr erzielte die Klägerin aus ihrer Tätigkeit aus den Honoraren Einnahmen in Höhe von 35.601,55 € und aus dem Kilometergeld in Höhe von 5.290,80 €.
In ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung für 2011 gab die Klägerin umsatzsteuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 UStG in Höhe von 40.000 € an. Weiterhin erklärte sie, von der Regelung als Kleinunternehmerin Gebrauch machen zu wollen, wobei der Gesamtumsatz für das Streitjahr 3.000 € und für das Vorjahr 28.000 € betrage.
Der Beklagte folgte den Angaben der Klägerin nicht, sondern legte dem Umsatzsteuerbescheid 2011 vom xx. Mai 2013 steuerpflichtige sonstige Leistungen zum allgemeinen Steuersatz in Höhe von 44.000 €, unentgeltliche Wertabgaben zum allgemeinen Steuersatz in Höhe von 1.500 € und abzugsfähige Vorsteuer in Höhe von 0 € zugrunde. Zur Begründung führte er an, der Beruf der Heilpädagogin sei kein Heilberuf i. S. d. § 4 Nr. 14 UStG, sondern im Bereich der Sozialpflege anzusiedeln, weil Hilfen im Bereich der Lebensführung angeboten würden. Bis 2009 sei die unternehmerische Tätigkeit nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG steuerbefreit gewesen (vgl. auch Abschnitt 99a Abs. 4 UStR 2008). Nach der Neufassung dieser Vorschrift greife diese aber nicht mehr, weil nach § 4 Nr. 16 Buchst. h UStG n. F. eine Vereinbarung zwischen der Einrichtung und dem Träger der Sozialhilfe nach § 75 SGB XII bestehen müsse. Auch eine Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL sei ausgeschlossen, weil die Klägerin selbst mit den Trägern der Sozialhilfe keine direkten Vertragsbeziehungen habe (Hinweis auf Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 1. Februar 2007 VI R 34/05 und FG München, Urteil vom 21. April 2005 14 K 5140/02).
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am xx. Juni 2013 Einspruch. Sie berufe sich zur Begründung der Steuerfreiheit ihrer Leistungen auf Art. 132 Abs. 1 Buchst g MwStSystRL. Sie erbringe keine Leistungen, die der Prophylaxe dienten, sondern ausschließlich solche der Sozialfürsorge. Die dabei entstehenden Kosten seien für den Träger der Sozialhilfe grundsätzlich zu übernehmen. Betroffene Eltern l...