vorläufig nicht rechtskräftig

Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Nutzung von Vorführwagen durch Angestellte eines Autohauses als geldwerter Vorteil

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die unentgeltliche/verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu Lohnzufluss.
  2. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt ab VZ 1996 für die Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Zwecken die sog. 1 %-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) entsprechend.
  3. Der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des Dienstwagens greift jedenfalls dann, wenn ein Stpfl. Zugriff auf den Vorführwagenpool seines Arbeitgebers hat. Das gilt insbesondere, wenn der Stpfl. über kein eigenes Fahrzeug verfügt, welches den fast neuen Vorführwagen vergleichbar ist.
  4. Ein arbeitsvertragliches Verbot der privaten Dienstwagennutzung ist nur dann geeignet, den Anscheinsbeweis der privaten Nutzung zu erschüttern, wenn das Verbot tatsächlich ernst gemeint ist und auch kontrolliert wird.
 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 19 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

2002, 2003, 2004, 2005

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.10.2011; Aktenzeichen VI R 57/10)

BFH (Urteil vom 06.10.2011; Aktenzeichen VI R 57/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit wegen der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge um einen geldwerten Vorteil zu erhöhen sind.

Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger ist als Leiter des Rechnungswesens bei dem Autohaus X GmbH nichtselbständig tätig und hat Prokura. Die Klägerin war seit 2003 nicht mehr berufstätig. Zum Haushalt gehören zwei 2001 und 2003 geborene Kinder.

Die GmbH vertreibt in ihren Filialen in … Pkw der Marken BMW und Mini. Der Kläger ist in der Filiale Y beschäftigt.

Die GmbH hält für die berufliche Nutzung durch die Verkäufer auf die Firma zugelassene Vorführwagen vor. Bei Bedarf kommen in jeder Filiale auch Vorführwagen der anderen Standorte zum Einsatz. Für die Vorführwagen werden keine Fahrtenbücher geführt. Dem Kläger ist es arbeitsvertraglich verboten, Kraftfahrzeuge der GmbH ohne ausdrückliche Genehmigung zu nutzen.

Den Klägern standen als private Kraftfahrzeuge ein Golf Diesel und anschließend ein Golf mit Benzinmotor zur Verfügung. Die Klägerin kaufte den Golf Diesel 1997 mit einem Kilometerstand 54.900 km und meldete ihn am 19. November 2003 bei einem Kilometerstand von ca. 140.000 km ab. Der Kilometerstand des zweiten Golfs bei seiner Anmeldung am 19. November 2003 betrug ca. 93.000 km und der Kilometerstand beim Verkauf Mitte 2008 170.000 km.

Der Kläger nutzt Vorführwagen seit April 2002 aufgrund einer mündlich erteilten Gestattung für seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge aus dem niedrigen Preissegment. Die GmbH führte insoweit eine Lohnversteuerung durch, wobei sie einen Bruttolistenpreis von 23.000 EUR zugrunde legte.

Die GmbH hat einen Verkäufer wegen eines Verstoßes gegen die arbeitsvertragliche Nutzungsregelung am 27. Oktober 2005 schriftlich abgemahnt. Dieser Verkäufer hatte während seiner Urlaubszeit einen Vorführwagen auf Rechnung der GmbH an der Vertragstankstelle in unmittelbarer Nähe der Filiale für private Zwecke betankt.

Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung bei der GmbH ging der Beklagte (das Finanzamt) von einer privaten Nutzung(smöglichkeit) der Vorführwagen durch den Kläger aus und setzte in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre vom 10. Oktober 2006 hierfür bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers zusätzliche geldwerte Vorteile in Höhe von 2.709 EUR (2002), 3.855 EUR (2003), 4.116 EUR (2004) und 4.377 EUR (2005) an. Da nicht mehr geklärt werden konnte, welche Vorführwagen dem Kläger zuzurechnen waren, schätzte das Finanzamt die geldwerten Vorteile ausgehend von einem für 1998 ermittelten durchschnittlichen Bruttolistenpreis der Vorführwagen des niedrigen Preissegments von 45.000 DM, der um jährlich 5 v. H. erhöht wurde. Auf diese Bruttolistenpreise wendete das Finanzamt die sog. 1 v. H. - Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EinkommensteuergesetzEStG) bzw. den Prozentsatz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG) an.

Die Einnahmeerhöhung setzt sich wie folgt zusammen (Angaben in EUR):

2002

2003

2004

2005

Bruttolistenpreis

27.900

29.300

30.800

32.300

1 v. H. -Regelung

2.511

3.516

3.696

3.876

Fahrten W-A

198,09

339,72

420,72

501,72

Summe

2.709

3.855

4.116

4.377

Während des Einspruchsverfahrens erklärte die Geschäftsleitung der GmbH gegenüber dem Finanzamt, das Nutzungsverbot werde durch das Festhalten der Kilometerstände der Vorführwagen in den jeweiligen Filialen überprüft. Dazu teile der Verkäufer in seiner Filiale wöchentlich schriftlich oder mündlich den Kilometerstand mit. Diese Daten würden per Fax an die Hauptniederlassun...

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